Großer Hunger, große Verluste – Rocket Internet seit sechs Monaten an der Börse
Mai 6, 2015 5:00 pmVor einem halben Jahr ging Rocket Internet an die Börse. Die ersten Zahlen weisen einen Verlust auf, der mit neuen Beteiligungen ausgeglichen werden soll. Daher kauft Rocket Internet nun Anteile an Essenslieferdiensten.
Die Berliner Start-up-Schmiede ist bereits am größten deutschen Lieferdienst Delivery Hero (in Deutschland auch als „Lieferheld“ bekannt) beteiligt. Nun hat Delivery Hero den türkischen Lieferdienst Yemeksepeti, an dem Rocket Internet mit etwa elf Prozent beteiligt war, für 589 Millionen Dollar übernommen. Das war die bislang größte Übernahme im Bereich der Online-Lieferdienste. Damit konnte Rocket Internet seinen Anteil an Delivery Hero auf 40 Prozent ausbauen. Delivery Hero steht womöglich kurz vor einem Börsengang und könnte eine weitere Erfolgsgeschichte für Rocket Internet werden.
Unerfreuliche Zahlen
Und eine Erfolgsgeschichte könnte Rocket Internet nicht schaden. Die neuesten Zahlen, die gestern vorgelegt wurden, stimmen die Anleger nicht glücklich. Rocket Internet beendete das letzte Geschäftsjahr mit einem Verlust von 20,2 Millionen Euro. Als Grund für die 20,2 Millionen Euro Verlust gab Samwer an, dass im Rocket Internet im letzten Jahr keine Unternehmen verkauft habe. Stattdessen wurden zehn neue Unternehmen auf den Weg gebracht und in die Rocket-Plattform investiert.
Trotz des Minus bezeichnete Oliver Samwer 2014 als „exzellentes Jahr“. Seit dem Börsengang konnte man den Wert der wichtigsten Beteiligungen um zwei auf 4,6 Milliarden Euro erhöhen. Durch den Börsengang erhielt Rocket Internet zwar 1,4 Milliarden Euro und eine Kapitalerhöhung im Februar brachte nochmal 600 Millionen Euro ein. Aber dadurch wurde die Aktie auch wieder in Richtung ihres Ausgabekurses gedrückt. Im Jahr davor, also vor dem Börsengang, waren es noch 174,2 Millionen Euro Gewinn! Damals lag das unter anderem am Verkauf der Anteile an Zalando.
Zalando zeigt die Strategie von Rocket Internet sehr gut: Erst gute Geschäftsideen übernehmen, die Unternehmen groß machen und dann gewinnbringend verkaufen. Das ist hinsichtlich des Wachstums weiterhin erfolgreich. Auch 2014 stiegt der Umsatz um elf Prozent auf 28,8 Millionen Euro. Der Grund dafür war vor allem das Wachstum der brasilianischen Unternehmen, an denen Rocket Internet beteiligt ist. Das Wachstum ist auch daran sichtbar, dass mittlerweile 30.000 Mitarbeiter in über 110 Ländern für das Unternehmen arbeiten.
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Zukunft mit Essenslieferdiensten
In diesem Jahr will Rocket Internet nach eigener Aussage mindestens zehn neue Unternehmen gründen. Daneben liegt der Schwerpunkt auf Lieferdiensten. Neben Delivery Hero hält Rocket Internet auch Anteile an Hello Fresh, Eatfirst oder Foodpanda. Laut Samwer ist Rocket Internet heute schon der weltweit größte Anbieter auf dem Markt. Die zuständige Abteilung trägt den Namen „Global Online Takeaway Group“ und ist bereits in 71 Ländern aktiv, was 120 Millionen Bestellungen pro Jahr bedeutet.
Neben Lieferdiensten sind weiterhin Modehändler beliebt und tragen zum Wachstums bei. Dafiti, Lamoda, Jabong, Namshi und Zalora sind Händler, die nach dem Vorbild von Zalando arbeiten, aber vor allem in Schwellenländern aktiv sind. Außerdem ist Rocket Internet an Lazada beteiligt, das Bereich General Merchandise gehört und in Südostasien die führende E-Commerce-Plattform ist. Damit hat Lazada in der Region sogar Amazon überholt. Mit den Unternehmen Westwing und Home24 ist Rocket Internet zudem im Bereich Home & Living vertreten.
Daneben gibt es aber auch Beteiligungen, die nicht ganz so erfolgreich sind und keine Gewinne abwerfen – insgesamt mehr als 100. Wann diese Start-ups profitabel werden, ist derzeit ungewiss. Lieferdienste gehören derzeit aber deutlich zu den sogenannten „proven winners“. Allein in Delivery Hero investierte Rocket Internet 61,3 Millionen Euro und trug damit sicher auch zur Übernahme der türkischen Mitbewerbers Yemeksepeti bei. Erst Ende Februar stieg Rocket Internet bei Delivery Hero ein. Gerade in den USA ist aber auch Hello Fresh sehr erfolgreich. Die Erlöse stiegen um 380 Prozent auf 70 Millionen Euro. Der Essenslieferant Foodpanda, der ebenfalls zur Gruppe gehört, ist auf Entwicklungs- und Schwellenländer konzentriert. Rocket Internet ist mit 50 Prozent beteiligt.
Rocket Internet möchte bei allen Beteiligungen die Anteile zu Mehrheiten ausbauen. Erst bei einer Beteiligung von 50 Prozent kann das Unternehmen die Umsätze der Beteiligungen selbst buchen. Schon jetzt beträgt der Wert der Lieferdienste fast 1,8 Milliarden Euro und macht 38 Prozent des Unternehmenswerts von Rocket Internet aus.
Angebote rund ums Liefern von Essen und Lebensmitteln könnte der nächste große Wachstumsmarkt im Internet werden. Auf diesen Zug will Rocket Internet natürlich aufspringen. Oliver Samwer sagt, dass es in diesem Bereich viel Wachstum geben werde. Durch die Übernahme des türkischen Marktführers kann Rocket Internet seine Beteiligungen weiter ausbauen und seinem Ziel, die weltweit größte Online-Imbiss-Gruppe außerhalb von China aufzubauen, näher kommen.