Trading mit Divergenzen – Umkehrbewegungen von eindeutigen Kurswellen bestimmen!
Juni 7, 2018 8:00 amWann kehrt ein Markt um?
Die am häufigsten gestellte Frage betrifft den Zeitpunkt einer Marktumkehr. Die Beantwortung wird wohl immer ein unendlich großes Fragezeichen sein. Schon die Technische Analyse versucht seit über 100 Jahren eine Antwort zu finden. Es ist unmöglich, denn das Problem entsteht in der Börsenpsychologie. Sie verkürzt oder verlängert Kursbewegungen je nach Stimmungslage. Der Einfluss bleibt unkalkulierbar, denn die Lage kann sich blitzschnell ändern. Selbst innerhalb eines Tages kann ein Stimmungswechsel mehrfach vorkommen. Ein oder zwei Nachrichten reichen aus.
Divergenzen bieten einen Ansatz
Umkehrbewegungen von eindeutigen Kurswellen lassen sich über Divergenzen annähernd bestimmen. Wenn Trader von Divergenzen sprechen, dann meinen sie damit immer marktverändernde Situationen, die sich langsam aufbauen. In der Regel wird dazu der Kursverlauf mit einem Momentum-Indikator verglichen.
Nehmen wir an, der Markt zeigt eine starke Aufwärtswelle. So eine Welle kann natürlich nicht unendlich laufen. Irgendwann gibt es immer eine Erschöpfung. Im Markt gilt: Je höher ein Kurs steigt, desto geringer wird die Anzahl der Käufer bzw. desto höher wird die Anzahl der willigen Verkäufer. Es geht Hand in Hand.
Vergleicht man den Kursverlauf mit einem Momentumindikator (wie zum Beispiel den RSI oder CCI), dann gibt es einen abflachenden Kursschwung je höher der Kurs in der Aufwärtswelle ansteigt. Die Veränderung des Momentums kann man in dem noch steigenden Kursverlauf und dem gleichzeitig fallenden Momentumindikator erkennen.
Bild: Wochen-Chart der Allianz-Aktie mit RSI-Indikator: Das Bild zeigt eine starke Veränderung des Momentums. Der Kurs ist noch im Steigen, während das Momentum abwärts verläuft. Es ist eine bearishe Divergenz des Momentums.
Im oberen Chart habe ich Ihnen einen Trader-Grundsatz präsentiert, der sich in allen liquiden Märkten einsetzen lässt. Ein guter Trader erzielt damit einen beständigen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Marktteilnehmern. Deshalb mein Tipp: Wenn Sie sich auf die Momentum-Divergenz spezialisieren, werden Sie andere Wettbewerber übertreffen können.
Neue Nachrichten bringen Chaos
Für den Trader ist die Divergenz ein elementarer Ansatz des profitablen Tradings. Ausgehend von dem Marktschwung ist das Momentum ein Vorläufer des Preises. Eigentlich müssten Sie jetzt sagen: „Wow, ich kann mit dieser Information Börsenkurse vorhersagen“. Ja, theoretisch ist das auch so. Praktisch gibt es jedoch erhebliche Einschränkungen. Die Märkte sind nämlich kontinuierlich neuen Informationen unterworfen und damit von neuen Kursimpulsen beeinflusst. Neue Impulse bringen kurzfristig Chaos und Zufall. Nur wenn das Momentum sehr stark ist, kann es die chaotischen Kurse überdecken.
Meistens ist es jedoch so, dass das Marktmomentum geringe bis mittlere Stärke besitzt, und die zufälligen Kursimpulse das Momentum beeinflussen. Dabei gibt es entweder eine Verstärkung des Momentums oder eine Verminderung.
Eine volumenbasierte Divergenz
Das Kursmomentum ist ein hervorragendes Untersuchungsobjekt für die Technische Analyse. Gehen wir deshalb noch einen Schritt weiter. Wir konnten feststellen, dass sich der Kursschwung noch vor dem Kurs verändert. Nun muss die Frage gestellt werden, was verändert den Kursschwung? Hier ist die Antwort: Vor dem Kursschwung ändert sich das Volumenverhalten!
Grundsätzlich wird jeder Kurs durch Angebot und Nachfrage geregelt. Als Trader wissen wir aber nicht, was als nächstes passiert. Um einen Anhaltspunkt zu bekommen, können wir die Veränderung des Kurses ins Verhältnis zum Handelsvolumen setzen. Das Volumen ist im übertragenen Sinn als Energie zu bezeichnen, die den Handelskurs nach oben oder unten bewegt.
Der Beginn einer Divergenz
Das untere Bild zeigt eine idealisierte Form der Kursbewegung. Ein Kurs steigt mit zunehmender Nachfrage des Volumens an. Das Bild zeigt eine Harmonie von Kurs und Volumen. Je höher der Kursanstieg, desto höher das Handelsvolumen. Bei dieser Ausgangssituation können Sie eine weitere Prognose für die Zukunft anstellen: Die nächste stärkere Welle ist wahrscheinlich wieder aufwärtsgerichtet.
Das erhöhte Volumen ist der Vorbote einer Erschöpfung. Ab einem bestimmten Kurspunkt kippt dann der Markt und geht in eine Konsolidierung über. Sie können nach einer solchen Situation davon ausgehen, dass die nächste stärkere Kurswelle wieder aufwärtsgerichtet sein wird, weil die übergeordnete Aufwärtsbewegung noch immer nicht erschöpft ist. Nach einer kleinen Pause besitzt der Markt neue Kraft, um erneut anzusteigen.
Bild: Grundschema für die harmonische Kurs- und Volumenbeziehung in einer Aufwärtswelle
Beachten Sie die Warnzeichen
Wenn in einer ansteigenden Kursbewegung das Handelsvolumen abnimmt, dann entsteht daraus ein Warnzeichen. Abnehmendes Handelsvolumen zeigt abnehmendes Kaufinteresse. Unvermeidbar ist dabei die Abnahme des Kursschwungs. Ihm geht die Energie aus. Es ist der Beginn der Divergenz.
Bild: Grundschema für die erste Divergenz in der Kurs- und Volumenbeziehung
Das obere Schema deutet die Reduzierung des Handelsvolumens an. Die gestrichelte Trendlinie der Kursbalken gibt das theoretische Kursziel bei konstantem Momentum vor. Aber der Kursbalken erreicht die gestrichelte Linie nicht mehr. Gleichzeitig fehlt dem Volumen ebenfalls die Power. Das Interesse ist kurzfristig reduziert.
Bild: Tages-Chart der Bayer-Aktie mit Wellen- Erschöpfungen
Der obere Chart-Verlauf zeigt verschiedene Kurswellen. Gekennzeichnet sind solche, in denen es überdurchschnittliches Handelsvolumen gab. Im unteren Volumenhistogramm ist ein Gleitender Durchschnitt eingetragen. Dieser dient als Maßstab für die relative Höhe des Volumens. Eine starke Kurswelle sollte mindestens zwei, besser drei Tage, mit überdurchschnittlichen Volumen zeigen. Es ist ein Zeichen für übermäßige Gier oder Angst. Wenn nach diesen emotionalen Ausschlägen ein Tag mit geringerem Volumen erscheint, dann deutet sich damit eine Erschöpfung der laufenden Kurswelle an. Solche Tage mit geringeren Volumen sind oben mit den gestrichelten horizontalen Linien gekennzeichnet.
Die volumenschwachen Tage sind eigentlich keine direkten Einstiegssignale, obwohl sich manchmal daraus tatsächlich ein gutes Umkehrsignal ergibt. Vielmehr sollte man die Erschöpfungstage als die Vorboten der Divergenz ansehen. Baut sich die Kurswelle mit mehreren Erschöpfungstagen auf, dann bestätigt sich die Divergenz mit erhöhter Wahrscheinlichkeit.