Steht der GREXIT kurz bevor? – Euro-Länder bereiten sich vor
Juni 16, 2015 1:11 pmSeit mehr als fünf Jahren wollen die Negativschlagzeilen um Griechenland einfach nicht abreißen. Trotz Schuldenerlass, vielen Hilfspaketen und unzähligen Verhandlungsrunden steht der Staat dichter vor einer Pleite denn je. Ein mögliches Austrittsszenario Griechenlands aus dem Euro wurde allerdings von öffentlicher Seite bisher vehement abgelehnt. Kein Gläubiger wollte direkt über den GREXIT reden. Zumindest die Vorbereitungen für den Fall einer griechischen Staatspleite sollen mittlerweile aber auf Hochtouren laufen.
Ausarbeitung des Notfallplans
Wie die „Süddeutsche Zeitung“ herausgefunden haben will, verständigten sich jüngst alle Euro-Partner auf einen Notfallplan – und bekräftigten nach Außen abermals, dass Griechenland nach Möglichkeit im Euro bleiben solle. Dennoch soll nach Angaben der Zeitung ein Sondertreffen aller Staats- und Regierungschefs in Brüssel stattfinden, sofern die Finanzminister der Euro-Länder am Donnerstag zu keiner Einigung mit Athen kämen. Der Notfallplan würde vorsehen, bereits am kommenden Wochenende die volle Kontrolle des griechisch-europäischen Zahlungsverkehrs vorzubereiten. Das soll einen möglichen Bankensturm der Griechen verhindern.
Gelingen kann das Vorhaben nur, wenn griechische Banken einige Tage nicht öffnen. Bei der Wiedereröffnung müssten dann zwangsweise die maximal möglichen Abhebungsbeträge begrenzt werden. Zudem ist es notwendig, den ausländischen Zahlungsverkehr für Griechenland komplett zu sperren. Andernfalls droht ein massenhafter Abfluss von Banknoten. Ähnliche Mechanismen hatte Zypern bereits im Jahr 2013 mit Erfolg eingeführt, als das Land ein größeres Rettungsprogramm beantragte.
Verabschiedung von Sondergesetzen notwendig
Der Notfallplan würde de facto dazu führen, dass Griechenland für einen gewissen Zeitraum vom europäischen Finanz- und Wirtschaftssystem ausgeschlossen ist. Eines der Grundprinzipien der EU ist allerdings der freie Verkehr von Waren und Geld innerhalb der europäischen Grenzen. Daher muss die Regierung in Athen Sondergesetze verabschieden, um den Notfallplan realisieren zu können. Weigert sich Griechenland, müsste der Staat im Zahlungssystem komplett isoliert werden.
Eine Isolierung wäre eine äußerst drastische Maßnahme, die das ohnehin angespannte Verhältnis zwischen Griechenland und der EU weiter verschlechtern würde. Allerdings scheiterten auch kürzlich wieder Vermittlungsversuche von EU-Kommissionschef Jean-Clude Juncker. Die griechische Regierung lässt sich nicht auf konsequente und tiefgreifende Reformen bei Renten oder Mehrwertsteuer ein. Insgesamt zwei Milliarden Euro möchte Athen weniger sparen, als von Brüssel vorgesehen. Yanis Varoufakis, griechischer Finanzminister, sieht hingegen ganz andere Gründe für das Scheitern der jüngsten Verhandlungen: „Die Vertreter der Gläubiger-Institutionen sagten uns, sie hätten nicht das Mandat zu tiefergreifenden Verhandlungen über unsere Vorschläge und Maßnahmen zur Lösung der Schuldenkrise. Das war der Grund, warum es kein Ergebnis gab.“
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Was passiert beim GREXIT?
Schon am 30. Juni muss Griechenland rund 1,6 Milliarden Euro an den Internationalen Währungsfonds (IWF) zahlen. Finanzmarktexperten glauben nicht, dass der Staat diese Summe aus eigenen Mitteln aufbringen kann. Kommt es bis dahin nicht zur Einigung zwischen Athen und Brüssel, könnte der GREXIT zur Realität werden.
Die Staatspleite Griechenlands wäre in vielerlei Hinsicht eine Tragödie. Das Land selbst bräuchte Jahre oder gar Jahrzehnte, um wirtschaftlich und gesellschaftspolitisch wieder auf sicheren Beinen stehen zu können. Behörden würden funktionsunfähig sein und bei Einführung eines eigenen Zahlungsmittels käme es zu hohen Inflationsraten. Aber auch die vielen Gläubiger und deren Institutionen würden im Falle des GREXIT viel Geld verlieren. EZB, IWF und andere Institutionen haben dem gebeutelten Staat viele Milliarden Euro geliehen.
Die Probleme würden durch den GREXIT also nicht geringer – im Gegenteil. Das europäische Ausland müsste weiterhin Hilfe leisten, allerdings nicht mehr vornehmlich im finanziellen Bereich. Griechenland bräuchte vor allem humanitäre Hilfe, welche die medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherstellt. Auch Lebensmittel und Energie müssten mit Hilfe des Auslands bereitgestellt werden. Zudem gilt es als wahrscheinlich, dass die griechischen Behörden komplett zusammenbrechen würden. Auch hier müsste die EU gewisse Strukturen mitaufbauen. Darüber hinaus erfordert die Abwicklung der Schulden selbst viel bürokratischen und organisatorischen Aufwand.
Es bleibt abzuwarten, ob das Worst-case-Szenario wirklich eintritt. Sowohl die EU als auch Griechenland sollten vor dem Hintergrund der weitreichenden Konsequenzen aber alles daran setzen, eine gemeinsame Lösung für das Schuldenproblem zu finden.
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