„Socially Responsible Investment“ (SRI) / Begriffserklärung: Umwelt, Soziales und Unternehmensführung
Dezember 31, 2018 6:26 pmSocially Responsible Investment (deutsch: ethisches Investment) wird unterschiedlich verstanden. Jede Socially Responsible Investment Definition umfasst jedoch, dass dem Investment ein zusätzliches Entscheidungsmerkmal zugrunde liegt, nämlich ob die Kapitalanlage moralisch vertretbar ist. Wie genau dies definiert wird, ist allerdings durchaus ein Streitthema. Das bedeutet, dass Anleger die Unterschiede des Begriffes ebenfalls kennen müssen, um zu erreichen, dass sie ein Investment finden, das ihren Ansprüchen genügt
Eine Beschränkung auf SRI-Anlageformen kann das Investment grundlegend verändern. Wir stellen unterschiedliche Definitionen vor und klären über Vor- und Nachteile dieses Ansatzes auf.
- Enge und breite Definition
- Kein geschützter Begriff
- Strikter als ESG
- Siegel helfen bei der Auswahl
Socially Responsible Investment Definition: keine einheitliche Bestimmung
Eine der Herausforderungen bei dem Investment mit ethischem Anspruch ist, dass es letztlich keine verbindliche Socially Responsible Investment Definition gibt. Zudem existieren wird. Derzeit wird deswegen vor allem die Definitionen nach dem europäischen Interessensverband Eurosif genutzt. Der Verband hat 2011 SRI auf zwei unterschiedliche Arten definiert: „Kern-SRI“ mit strengeren Konzepten sowie „breites SRI“ mit weniger strikten Anforderungen. Das breite Socially Responsible Investment umfasst eher Konzepte von konventionellen Investoren. Dabei herrschen natürlich Überschneidungen zwischen beiden Begriffen, sodass die Unterscheidung nicht immer sinnvoll ist. Hieran zeigt sich auch deutlich, vor welchen Herausforderungen Anleger stehen, die ethisch investieren möchten.
Beide Definitionen sind jedoch genauer festgelegt. Laut Eurosif müssen die Konzepte für Kern-SRI folgende Merkmale erfüllen:
- Mindestens drei ethische Ausschlusskriterien
- Positivkriterien/Best-in-Class-Konzepte
- Themenfonds
Bei breitem SRI reichen hingegen einfache Ausschlusskriterien (z.B. eine bestimmte Branche), außerdem die Integration von ESG-Kernkriterien, wie beispielsweise Klimaschutzdaten in die Aktienanalyse und Engagement. Das bedeutet, dass die Fondsgesellschaften ihren Einfluss als Investoren nutzen sollen, um die Unternehmen zu einer verantwortlicheren Wirtschaftsweise zu bewegen. Für die Anleger ist es natürlich nicht immer leicht, die Kriterien des breiten SRI zu überprüfen. Dementsprechend ist Transparenz bei den Fonds und anderen Anlagemöglichkeiten ein zentrales Merkmal. Von vielen Fondsgesellschaften wird dieses Thema jedoch immer noch eher stiefmütterlich behandelt. Auch deswegen ist es für viele Anleger unnötig aufwendig und kompliziert, nachhaltige Geldanlagen zu tätigen.
Die 3 SRI-Strategien: Diese Möglichkeiten bestehen
Wer Investments nach SRI-Standards durchführen möchte, nutzt in der Regel eine bestimmte Strategie. Bislang werden vor allem drei unterschiedliche Möglichkeiten verwendet.
- Screening
- Shareholder Advocacy
- Community Investing
Beim Screening wird letztlich eine Vorauswahl getroffen, in die Fondsgesellschaften oder auch Privatanleger investieren. Wertpapiere werden in der Regel nach zuvor festgelegten sozialen und/oder ökologischen Kriterien analysiert und entweder in das Anlageuniversum aufgenommen oder ausgeschlossen. Eine Herausforderung hierbei ist natürlich, dass sich Unternehmenspraktiken ändern und viele Unternehmen nicht immer ausreichend transparent arbeiten. Während es ein Leichtes ist, Bilanzen zu analysieren, ist es deutlich schwieriger für einen Privatanleger oder auch ein Investorteam, zusätzlich Arbeitsbedingungen, Rohstoffgewinnung oder Auswirkungen auf die Region zu untersuchen. Dennoch ist das Screening ein elementarer Bestandteil der meisten nachhaltigen Fonds.
Als Shareholder Advocacy wird der kritische Meinungs- und Gedankenaustausch zwischen Aktieninhabern und dem Unternehmensvorstand bezeichnet. Anleger können gerade auf der Hauptversammlung Ideen und Vorschläge einbringen. Es ist natürlich nicht garantiert, dass sie beim Vorstand auf Gehör stoßen. Zusammenschlüsse von verschiedenen Aktionären, Resolutionen sowie andere Möglichkeiten der Teilhabe für Aktionäre können jedoch dafür sorgen, dass der Vorstand Kritik ernst nehmen muss.
Die dritte Möglichkeit ist das sogenannte Community Investing. Meist werden darunter Mikrokredite verstanden. Es handelt sich dabei aber letztlich um alle Investitionsmöglichkeiten, die dabei helfen, die Lage der Menschen in unterentwickelte Regionen zu verbessern. Zentraler Zweck ist also, dass letztlich der gesamten Gemeinschaft geholfen wird und nicht nur Einzelnen.
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Nachhaltigkeit und Ethisches Handeln: oft, aber nicht immer deckungsgleich
Eine weitere Herausforderung beim nachhaltigen und sozialen Investment ist der Umstand, dass beide Anforderungen nicht zwangsweise deckungsgleich ist. Derzeit ist es deutlich leichter, nachhaltige Investments zu finden. Zahlreiche Themenfonds zu diesem Thema erleichtern es zudem, sogar unterschiedliche Vorlieben und eigene Wertvorstellungen an die Geldanlage heranzutragen. Dies ist auch deshalb möglich, weil Nachhaltigkeit eines Unternehmens vergleichsweise leicht zu beantworten ist.
Es handelt sich um eine messbare Größe. Zudem ist schon allein durch die Festlegung auf bestimmte Technologien und Branchen eine schnelle Wahl an geeigneten Unternehmen möglich.
Deutlich schwerer ist hingegen die Frage zu beantworten, ob sich ein Unternehmen auch als soziales Investment eignet. So spielen dort wesentlich „weichere“ Faktoren eine essenzielle Rolle. Darunter fallen beispielsweise die folgenden Themen:
- Behandelt das Unternehmen seine Mitarbeiter fair? Wie steht es um Arbeitsrechte und -sicherheit?
- Gibt es bei Zulieferern/Partnern/im Unternehmen selbst Kinderarbeit?
- Sind die Auswirkungen auf das Umfeld der Mitarbeiter überwiegend positiv?
- Setzt die Unternehmensführung die Unternehmensrichtlinien um?
Gerade durch die Globalisierung sowie die vielen verschiedenen Fertigungsstandorte weltweit ist es nicht nur Anleger und Kunden, sondern auch für Investoren immer schwieriger zu erkennen, ob ein Unternehmen die Standards einhält. Hinzu kommen die üblichen Herausforderungen, die sich bei der Produktion ergeben. So ist es bei vielen Produkten und Rohstoffen nicht (mehr) möglich, sie in Europa produzieren zu lassen oder zu gewinnen. Hier stellt sich dann die Frage, ob Abstriche, die über dem Landesstandard liegen, ausreichen oder nicht.
SRI und ESG: Was ist der Unterschied?
Wie SRI ist auch ESG eine englische Abkürzung und steht für „environmental, social and governance“, auf Deutsch also „Umwelt, Soziales und Unternehmensführung“. Der Begriff drückt aus, ob und wie stark ökologische und sozial-gesellschaftliche Aspekte in die Entscheidungen des Unternehmens einfließen. Es handelt sich dabei jedoch nicht immer mit nachhaltigen Geldanlagen. ESG-Aspekte sind inzwischen für viele Unternehmen wichtig.
Dabei stehen oftmals nicht nachhaltige oder soziale Komponenten im Vordergrund, sondern in der Regel der finanziellen Vorteil des Unternehmens. Letztlich sind diese Kriterien nämlich in den meisten Fällen auch mit einem geschäftlichen Vorteil verknüpft. Konsumenten schätzen nachhaltige und soziale Firmen, sodass Unternehmen mit einem guten Image Vorteile besitzen, während Skandale dem Ansehen erheblich schaden können. Dementsprechend geht es auch darum, zu ermitteln, wie wahrscheinlich das Risiko ist, dass Unternehmen, die sich nicht nachhaltig und sozial verhandeln, dadurch eine negative Rendite erzeugen könnten.
Socially Responsible Investment geht also letztlich noch ein Stück weiter. Hier stehen die nachhaltigen und sozialen Aspekte im Vordergrund und bestimmte Firmen oder Praktiken werden aus ethischen Gründen ausgeschlossen. SRI betrachtet finanzielle Entwicklung und ethische Maßstäbe somit getrennt voneinander und schließt unethische Investitionen sogar vollständig aus. Bei ESG-Investments wäre dies hingegen nicht zwangsläufig der Fall, wenn das Investment dennoch lohnend erscheint. Dabei kann sich SRI allerdings durchaus die Kriterien des ESG-Investments zunutze machen. Viele Nachhaltigkeits-Ratings basieren auf ESG-Ansätzen. Anleger, die sich auf Ratings und Siegel verlassen, sollten bevorzugt Anbieter wählen, die nicht nur die CSR-Richtlinien wälzen, sondern auch deren Einhaltung überprüfen.
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SRI: Älter, als Sie denken würden
Ansätze des Socially Responsible Investment gibt es nicht erst seit Kurzem. Tatsächlich existieren bereits seit einigen Jahrhunderten immer wieder Interessengruppen, die ihr Anlageuniversum absichtlich beschränkt haben. Ab dem im 17. Jahrhundert sind religiöse Gemeinschaften bekannt, die ethische Prinzipien beim Investment voraussetzen wollten. Gerade die sogenannten Sin-Stocks sind in den USA bei unterschiedlichen religiösen Gruppen verpönt. Hiervon sind also vor allem Aktien betroffen, deren Unternehmen ihren Umsatz (auch) durch Alkohol, Glücksspiel oder Pornografie erzielen. Es handelte sich hierbei also vor allem um ein ethisches Investment auf der Grundlage von Ausschlusskriterien und nicht um Positivkriterien.
Die wahren Vorreiter sind im religiösen Bereich jedoch vor allem Anhänger des Islams. Sie müssen ethische Maßstäbe an die Verwendung ihres Kapitals legen. Aufgrund der Einschränkungen bei Zinszahlungen ist das Investment für Muslime allerdings noch einmal mit größeren Herausforderungen verknüpft.
In den USA erfuhr gegen Ender der 1970er-Jahre soziales Investment auch unabhängig von religiösen Moralverpflichtungen einen Aufschwung. Dazu trugen verschiedene Bürgerrechtsbewegungen bei, die die finanzielle Macht der Bevölkerung begriffen und somit positive Änderungen erzielen wollte.
Auch in den 1980er und 1990ern verlor das Thema durch das wachsende Umweltbewusstsein nicht an Relevanz. Alternative Banken wie die GLS Gemeinschaftsbank oder die Ökobank wurden gegründet. Aktuell bleibt Socially Responsible Investment bis heute. Die Globalisierung trug dazu bei, dass der Wohlstand der wesentlichen Welt zulasten der Schwellen- und Entwicklungsländer dauerhaft präsent bleibt. Durch das Internet sowie die damit einhergehende demokratisierende Entwicklung bei Finanzanlagen bestehen mehr Möglichkeiten, in ethische Geldanlagen zu investieren.
Vor- und Nachteile von nachhaltigen Investments
Nachhaltige Investments sind in vielerlei Hinsicht für Marktbeobachter und Investoren zukunftsträchtig. Alternative Geschäftsmodelle und -technologien werden auch deswegen wichtiger, weil sie in mancher Hinsicht weniger Risiken aufwiesen. So sind sie nicht im gleichen Maße davon betroffen, dass Ressourcen nicht endlos sind und die Verknappung letztlich auch dazu führen könnte, dass sich Unternehmen finanziell nicht mehr tragen können. Zum anderen sind ohnehin nachhaltig arbeitende Firmen nicht so stark dadurch gefährdet, dass Gesetzesänderungen große Auswirkungen auf ihr Geschäftsmodell haben könnten.
So überrascht es auch nicht, dass sich in den meisten nachhaltigen Fonds positivere Risikokennzahlen zeigen. Zudem ist die Rendite überraschenderweise nicht signifikant kleiner als bei herkömmlichen Fonds.
Der größte Vorteil ist aber sicherlich unzweifelhaft, dass Anleger auf diese Weise sicher sein können, dass ihr Geld auch moralisch gut angelegt ist.
Dies sollte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass nachhaltige Investments durchaus auch Nachteile aufweisen können. Grundsätzlich ist es deutlich aufwendiger, die Investitionsmöglichkeiten auf Unternehmen zu beschränken, die nicht nur finanziellen, sondern auch ethischen Anforderungen gerecht werden. Zudem beschränkt sich der Anleger natürlich bei den Anlagemöglichkeiten. Über kurz oder lang könnte dies doch dazu führen, dass die Rendite geringer ausfällt. Zudem gilt, dass es keine Selbstverständlichkeit ist, dass der momentane Trend zur Nachhaltigkeit ungebrochen bleibt und dadurch Investments mit Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit auch später einen langfristigen Vorteil haben könnten.
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SRI ist nicht gleich SRI
Eines der zentralen Probleme beim Socially Responsible Investment ist natürlich gerade die Tatsache, dass die Geldanlagen keine einheitlich definierten Bestimmungen folgen müssen. Das führte zur jetzigen Lage: Viele Anbieter werben mit nachhaltigen Fonds und dem Schlagwort SRI, letztlich müssen sie jedoch keine Rechenschaft darüber ablegen, warum genau die Aktien in den Fonds nachhaltig sein sollen, welche Kriterien und Konzepte sie nutzen oder wie sie gewährleisten, dass die Gelder des Anlegers nicht letztlich doch moralisch fragwürdig investiert werden.
Deshalb sind die Anleger nach wie vor in der Pflicht. SRI, ESG, Sustainability und Nachhaltigkeit sind derzeit also nur Hilfsmittel, um die Fonds und Anlagemöglichkeiten zu entdecken, die auch sehr strikten moralischen Ansprüchen genügen. Anleger mit hohen ethischen Ansprüchen dürfen hingegen nicht den Fehler machen, davon auszugehen, dass es bereits reicht, wenn sie mit diesen Schlagworten beworben werden. Um herauszufinden, ob ein Fonds mit den eigenen Werten im Einklang ist, ist es deshalb nach wie vor notwendig, die Anlagestrategie genau zu überprüfen und dabei einen Fokus auf Ausschluss- oder Einschlusskriterien zu legen. Anders ist es derzeit noch nicht möglich, in Fonds mit nachhaltigem Ansatz sowie hohen moralischen Werten zu investieren.
Deshalb wurden in den letzten Jahren auch einige Siegel ins Leben gerufen, die es Anlegern erleichtern sollen, schneller geeignete Fonds zu finden. Dazu zählen beispielsweise
- FNG-Siegel
- Novethic-Label
- Ecoreporter-Siegel
Sämtliche Siegel müssen aber natürlich ebenso mit den eigenen Werten abgeglichen werden.
Fazit: SRI ist nicht gleich SRI
Socially Responsible Investment mag zwar zusammen mit „environmental, social and governance“ (ESG) eines der wichtigsten Schlagworte der Finanzbranche sein. Grob gesagt umfassen sie alle Fonds oder Anlagemöglichkeiten, bei denen die Investmententscheidung nicht nur aufgrund finanzieller Interessen getroffen wird, sondern auch auf Grundlage ethischer Merkmale.
Das bedeutet jedoch nicht, dass sich die Marktteilnehmer und -beobachter bereits auf eine eindeutige Definition geeinigt hätten, die auch Bestand haben kann. Am sinnvollsten scheint derzeit tatsächlich eine Differenzierung zwischen einer engen und einer breiten Definition von SRI. Wer nur den schlimmsten Sündern aus dem Weg gehen möchte, ist mit einer breiten Definition bereits zufrieden. Hier reichen letztlich Ausschusskriterien wie der Verzicht auf bestimmte Branchen und Engagement bei der Hauptversammlung bereits aus, um einen nachhaltigen Fonds aufzulegen.
Wer hingegen sichergehen möchte, dass sich seine Werte auch in seinem Investment widerspiegeln, muss stattdessen auf Fonds achten, die die engere Definition nutzen. In der Realität kann es dabei durchaus zu Überschneidungen kommen. Da keiner der Begriffe in irgendeiner Form geschützt ist, müssen Anleger die Konzepte und Investments selbst auch auf ihre eigenen Anforderungen prüfen. Die Auswahl kann durch Siegel etwas erleichtert werden. Durch sie findet eine Vorauswahl statt, die oftmals die Fonds aussortiert, die der engeren Definition nicht gerecht werden. Aus der Pflicht wird der Anleger auch dann jedoch nicht gelassen. Ein selbstständiges Abgleichen ist für alle Anleger, die nachhaltige Investments nutzen wollen, unabdingbar.
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