Wie lohnend ist das Daytrading?
November 17, 2017 8:00 amDaytrading verspricht eine hohe Rendite in kürzester Zeit
Besonders Börsenneulinge fühlen sich vom Daytrading magisch angezogen. Daytrading ist sicherlich sehr faszinierend. Es suggeriert, dass man mit dem Beobachten des Marktes, täglich sein Geld verdienen kann.
Der Gedanke ist anziehend, doch die Umsetzung ist umso schwerer. Man muss sich einfach vorstellen, dass der Intraday-Markt ein Spielfeld der Profis ist. Weltweit bearbeiten Trader die Märkte. Sie steigen ein und aus mit den unterschiedlichsten Handelsstrategien. Jeder versucht sich eine Scheibe aus einer Marktbewegung herauszuschneiden.
Es versteht sich von selbst, dass kapitalstarke Profis mit einer optimalen technischen Ausstattung leichte Vorteile haben. Ihre Trades werden schneller umgesetzt, und sie haben geringere Handelskosten. Es sind sicherlich nur kleine Vorteile, doch über eine lange Zeit, ist der technische Vorteil wirksam. In den vergangenen 20 Jahren ist der technische Vorteil jedoch immer kleiner geworden, so dass die Börsenwelt damit etwas gerechter geworden ist.
Der Top-Vorteil für geringkapitalisierte private Trader
Ein privater Trader hat einen Vorteil, der den technischen Vorteil des Profis bei weitem überwiegt. Er hat nämlich die Möglichkeit zu jedem Zeitpunkt ein- oder auszusteigen, ohne den Kurs negativ zu beeinflussen. Banken hingegen bewegen so viel Kapital, dass sie auf Täuschungsmanöver und Taktiken angewiesen sind, um ihre Ziele zu erreichen.
Jeder Trader benötigt, um erfolgreich zu sein, einen Vorteil. Es ist ein statistischer Vorteil. Würde man den Vorteil zahlenmäßig ausdrücken, und ein Zufallsspiel heranziehen, dann müsste der Trader bei einem Chance-Risiko-Verhältnis von 1, eine Trefferquote von mindestens 51 % haben, um seine Handelskosten zu decken. Das Problem ist nur, jeder statistische Vorteil kommt nur in unregelmäßigen Zeitintervallen im Markt vor. Deshalb sind die besten Trader immer „Marktversteher“.
Wie wichtig ein kleiner statistischer Vorteil ist, sieht man in jedem Spielkasino. Betrachten wir zum Beispiel Roulette. Das Kasino verdient scheinbar beim Roulette kaum Geld, doch das täuscht. Es gibt 37 verschiedene Zahlen, und nur bei der Null gewinnt das Kasino. Es suggeriert, dass die Wahrscheinlichkeit für einen Kasino-Gewinn nicht besonders hoch ist. Aber hier geht es um Mathematik. Der kleine Vorteil reicht aus, um das Kasino gut zu finanzieren.
Welche Rendite im Daytrading ist realistisch?
Zur Frage der Rendite ist es sinnvoll, einige Einschränkungen zu machen. Interessant sind nämlich weniger die langfristigen Investoren, sondern die kurzfristig im Markt aktiven Hedgefonds. Sie entsprechen dem Verhalten des kurzfristigen Traders, der sowohl Long- als auch Short-Positionen im kurzfristigen Zeitrahmen eingeht.
In Bezug auf Daytrading kommt der Forex-Markt am nächsten. Hier gibt es sogar offizielle Statistiken der Hedgefonds (CTAs). Betrachten wir hierzu die Trading-Firmen mit mehr als 10 Millionen Kapital.
1. 24FX Global +72%
2. GAIA Capital +56%
3. First Quadrant +29%
4. Investment Capital Advisor +19%
5. CenturionFX +19%
6. P/E Investments FX +14%
7. Tarpon +10%
8. Traub +10%
9. IPM Informed +10%
10. Mifte Capital +9%
Die Durchschnittsrendite der 10 besten Top-Hedgefonds beträgt 24,6%. Das entspricht einem monatlichen Gewinn von 2,05%.
Für einige Trader sind die Zahlen sicherlich enttäuschend. Eine Durchschnittsrendite von etwas mehr von 24 %. Man darf man dabei nicht vergessen, dass es auch noch die Nummer 11 und auch die Nummer 100 gibt. Obwohl es alles Profis sind, müssen sie ständig mit dem Markt um die Rendite kämpfen. Kurzfristiges Training ist nur dann eine einfache Übung, wenn man zockt. In dem Fall gewinnt man schnell 100% und verliert kurz danach 50%. 😉
Kurzfristiges und professionelles Trading mit einem akzeptablen Drawdown ist eine Kunst.
Ein sicheres Marktgefühl ist nicht erklärbar – man muss es trainieren
Einem Anfänger eine Daytrading-Strategie in der Theorie zu erklären, ist eine Sache – die Praxis eine andere. Ich vergleiche das gerne mit einem Tischler. Man kann einem Lehrling etwas über Eiche erzählen. Welche Dichte das Holz hat, wie verändert es sich im Alterungsprozess, und wie wird es verarbeitet? Diese Informationen sind sicherlich nützlich. Doch um ein guter Handwerker zu werden, bedarf es der Praxis. Man muss selbst das Holz feilen, sägen, schleifen, bohren oder auch lackieren. Erst dann bekommt man ein Gefühl für das Material. Hierin unterscheidet sich der Gute von dem schlechten Handwerker. Vielleicht erreichen 20% der Handwerker einen Top-Status. Sie sind dann die „Künstler“ ihres Handwerks. Um dahin zu kommen, benötigt man praktische Erfahrungen. So ähnlich ist das auch beim Trader. Einem Anfänger kann man die beste Börsenstrategie der Welt geben, und trotzdem wird er nur unterdurchschnittliche Ergebnisse erzielen.
Ein Trader muss den Markt handeln. Es sind die Bewegungsmuster, die sich ständig ändern. Es ist ein ständiger Wechsel von Trend und Seitwärtsbewegungen mit unterschiedlicher Volatilität. Ein guter Trader muss wissen, welches Marktverhalten ideal für sein Handelssystem ist. Er muss die neuralgischen Punkte des Marktes erforschen. Es sind solche Punkte, wo der Markt in die eine oder andere Richtung kippen kann.
Daytrading ist schwieriger als langfristige Investments
Für alle neugierigen Börsenneulinge muss eine Bemerkung zum Daytrading ausgesprochen werden. Daytrading ist deutlich schwerer als langfristiges Investment. Die emotionale Belastung beim schnellen Handel ist langfristig zerstörerisch. Das bedeutet, jeder gute Daytrader, hat ein psychologisches Schutzsystem aufgebaut, um seine emotionale Stabilität aufrecht zu halten. Bei professionellen Tradern sind deshalb Meditation oder Achtsamkeitstraining keine Unbekannten.
Während langfristige Investments unter dem Einfluss der allgemeinen Inflation steigen, kommt zusätzlich der technische Fortschritt positiv dazu. Die Vorteile gibt es beim Daytrading nicht.
Die Welt des kurzfristigen Tradings wird heutzutage durch Computer dominiert. Software-Programme können Handelsentscheidungen sehr viel schneller umsetzen. Wer als Mensch versucht im Bereich Hochfrequenz-Trading oder gegen professionelle Algorithmen zu kämpfen, der ist zum Scheitern verurteilt. Tickcharts, 1-Minuten-Charts oder auch 5-Minuten-Charts sind als Basis der Handelsentscheidung praktisch unbrauchbar. Es gibt zwar Trader, die auch mit einem 3-min-Chart erfolgreich sind, doch sie verwenden ihn nur in einem größeren Zusammenhang. Denkbar wäre hier zum Beispiel die Darstellung mit einem Market-Profile.
Hinsichtlich der Rendite gilt: Je kleiner der Trading-Zeitrahmen, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit des Erfolgs.
Über den Tag gesehen, gibt es beim Daytrading weniger gute Chancen als allgemein angenommen. Generell sind lukrative Chancen nur dort vorzufinden, wo Kurse eine unnormale Bewegung vollziehen.
Ein Beispiel verdeutlicht es: Steigt ein Kurs in den unnormalen Bereich an, dann gibt es zwei Möglichkeiten, für das anschließende Kursverhalten. Entweder der Kurs ist überkauft, und wird mit größerer Wahrscheinlichkeit wieder nach unten fallen, oder der Kursanstieg, ist fundamental gerechtfertigt, und es bildet sich eine trendförmige Bewegung. In diesem Fall ist der Kurs nicht „überkauft“ sondern günstig. Die Aufwärtsbewegung setzt sich fort.
Wie viele gute Chancen gibt es an einem Handelstag?
Das untere Bild zeigt den Bund-Future in einem 15-Minuten-Chart. Um den Candlestick-Chart herum sind Bollinger-Bänder gelegt. Die Einstellung unterscheidet sich allerdings von der Standardeinstellung. Normalerweise beträgt diese 20 Perioden mit einer Bandbreite von 2 Standardabweichungen. Im Chart sind die Bänder aber mit einer Standardabweichung von 1 abgebildet.
Bild: Bund-Future mit Bollinger-Bändern
Die Standardabweichung mit 1 zeigt die mathematische Normalität. Ein Kurs, der sich innerhalb der 1er-Bänder bewegt, ist hochgradig zufällig. Diese Bewegungen sind nicht kalkulierbar.
Mit der geänderten Indikatoreinstellung können wir feststellen, wie häufig eine gute Handelschance innerhalb eines Tages erscheint. Zur optischen Vereinfachung ist der obere Chart zusätzlich farblich gekennzeichnet. Bewegen sich die Kurse oberhalb des Bollinger-Bandes gibt es eine grünliche Farbe. Wenn der Kurs unterhalb des Bandes liegt, dann ist das Band orange eingefärbt.
Bild: 15-min-Chart des DAX-Futures im Intraday-Aufwärtstrend
Interessant wäre noch die Frage, ob die Anzahl der Handelschancen zunimmt, wenn der Kurs in einem Trend ist? Der obere Chart zeigt die Beantwortung der Frage nicht auf wissenschaftlicher Basis. Dafür ist die Datenmenge zu klein, trotzdem deutet der Chart an, dass sich grundlegend an der Anzahl der Handelschancen nichts ändert.
Schlussfolgerungen zum Daytrading
Wer erfolgreich Daytrading betreiben möchte, der muss sich genau überlegen, in welchem Zeitrahmen er handeln möchte. Die Frage sollte die Börsenpsychologie beantworten. Die Technische Analyse ist nämlich nur dann wirksam, wenn sie psychologisch untermauert wird.
Der psychologische Einfluss des Marktes auf einen 1-min oder 5-min-Chart ist sehr gering. In dieser Konsequenz kann der Börsenhandel auf Basis der Technischen Analyse nicht erfolgreich sein. Die Psychologie des Marktes ist selbst bei einem 15 Minuten Chart kaum sichtbar.
Es ist bekannt, dass die meisten privaten Trader nicht erfolgreich sind. Sieht man sich in den Trading-Foren die Charts an, dann stellt man fest, dass sehr häufig 5 Minuten Charts verwendet werden. Vielleicht liegt hier auch die Ursache, weshalb private Trader oft erfolglos sind.