Sind nachhaltige Investments auch renditestark?
September 20, 2018 9:47 pmNachhaltige Investments sind beliebt wie nie zuvor. Anleger wollen ihr Geld so anlegen, dass es ethisch-ökologische Unternehmen unterstützt, und so dazu beitragen, dass die Welt ein bisschen besser wird. Doch letztlich ist kein Anleger nur am Wohl anderer Menschen interessiert. Wichtig ist natürlich nicht nur, dass moralisch fragwürdige Unternehmen nicht unterstützt werden. Auch die mögliche Rendite steht im Fokus. Müssen Anleger bei nachhaltigen Geldanlagen mit Abschlägen auf die Rendite rechnen? Oder erweisen sich nachhaltige Finanzprodukte sogar als renditestärker als konventionelle Anlagen?
- Probleme bei Vergleichbarkeit
- Studien weisen auf bessere Rendite hin
- Bei ETFs kein Unterschied
- Fonds so gut wie ihr Manager
Schwierigkeit: Fundierte Antwort fast unmöglich
Wer sich die Frage „Sind nachhaltige Investments renditestark?“ stellt, möchte darauf in der Regel eine möglichst objektive und fundierte Antwort haben. Allerdings ist dies zumindest bislang nur schlecht möglich. Wenigstens allgemeingültig lässt sich die Frage nicht beantworten. Dies liegt an mehreren Herausforderungen, die es unmöglich machen, eine aussagekräftige Statistik zu erstellen:
- Alter
- Definition
- Risiko gehört zu Rendite
Viele Fonds, die als nachhaltiges Investments bezeichnet werden können, sind erst vergleichsweise kurz auf dem Markt. Während viele Aktienfonds viele Jahre oder sogar Jahrzehnte vorweisen können, sind „ethische“ Geldanlagen ein vergleichsweise neuer Trend. Die meisten Fonds sind damit sehr jung und können noch keine aussagekräftigen Zahlen vorlegen. In vielen Fällen herrschte also noch keine größere Krise, die die Stabilität der Fonds hätte testen können. Um eine Aussage darüber zu treffen, ob ein nachhaltiger Fonds genauso hohe Renditen generieren kann, wären auch solche Marktphasen jedoch wichtig.
Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Definition eines nachhaltigen Fonds. Oftmals ist die Zusammensetzung von Fonds, die sich als nachhaltig bezeichnen, auf dem zweiten Blick nicht deutlich anders als die von konventionellen Fonds. Auf der anderen Seite sind Moral und Ethik persönliche Ansichten, die sich nicht ohne weiteres übertragen lassen. Die Maßstäbe sind also so unterschiedlich, dass ein aussagekräftiger Vergleich nicht möglich ist.
Außerdem lässt die Frage „Sind nachhaltige Investments renditestark?“ auch außer Acht, dass Risiko die Kehrseite von Rendite darstellt. Besser wäre also die Frage: „Haben nachhaltige Investments ein gutes Risiko-Renditeverhältnis?“
Was sagen Studien?
Auch wenn es vergleichsweise kompliziert ist, nachhaltige Investments mit nicht-nachhaltigen Geldanlagen zu vergleichen, heißt dies natürlich nicht, dass es nicht bereits getan wurde. Es existieren Dutzende Studien, die ermitteln möchten, ob es sich lohnt, in nachhaltige Fonds zu investieren. Schon im Jahr 2014 gab es eine Meta-Studie der Uni-Kassel zu diesem Thema. Insgesamt wurden 35 Analysen verglichen. Dabei gelangten die Forscher zu dem Ergebnis:
- 15 Studien konnten keinen Unterschied festmachen.
- 6 Studien bescheinigen nachhaltigen Investments eine schlechtere Rendite.
- 14 Studien haben festgestellt, dass die Leistung besser ist.
Da es bislang keine geschützten Begriffe oder verlässliche gesetzliche Mindeststandard für ethisch-ökologische Fonds gibt und zudem eine Unterscheidung zwischen ethisch und ökologisch zusätzlich sinnvoll sein könnte, hat natürlich jede Studie ihre eigene Definition. Allein daraus müssen sich Unterschiede bei der Auswahl der Fonds ergeben und daraus ergeben sich wiederum große Unterschiede beim Ergebnis. Wenn verschiedene Forschergruppen sich nicht darüber einig sein können, worüber sie genau reden, können natürlich auch keine einheitlichen Ergebnisse entstehen.
Eine Studie von Scope macht allerdings Hoffnung: Über drei Jahre Laufzeit waren Leistungsunterschiede kaum messbar. Tatsächlich waren die nachhaltigen Fonds sogar leicht im Vorteil. Allerdings erlauben drei Jahre Betrachtungszeitraum gemessen an einem durchschnittlichen Anlagehorizont bei Fonds natürlich keine unumstößliche Aussagen.
Größe des Unternehmen als Indiz
Anstatt die Fonds mit nachhaltigem Investmentansatz zu untersuchen, besteht natürlich auch die Option sich der Rendite nachhaltiger Geldanlagen zu nähern, indem die Unternehmen untersucht werden. Hier ist vor allem ein Unterschied offensichtlich: Auch wenn viele Konzerne das Thema Nachhaltigkeit für sich entdeckt haben, sind die meisten Unternehmen, die sich durch einen Fokus auf ökologisches oder sozial-verantwortliches Handeln auszeichnen, eher den KMU zuzurechnen.
Allein daraus ergibt sich natürlich ein essenzieller Unterschied: Bluechips gelten als deutlich weniger volatil, das Verlustrisiko ist auch in Krisen kleiner und die Höhe und Regelmäßigkeit der Dividenden sind ebenfalls ein zusätzlicher Anreiz. Demgegenüber haben kleinere Unternehmen zwar oftmals deutlich bessere Wachstumsschancen, sie leiden in Finanzkrisen allerdings deutlich stärker unter Kursverlusten. Zudem werden sie häufiger Opfer von Konsolidierungswellen.
All dies sagt grundsätzlich allerdings natürlich noch nicht all zu viel über nachhaltige Geldanlagen aus. Wie ein Unternehmen genau wirtschaftet, ob es Wachstumschancen aufweist und das Management die richtigen Entscheidungen zu richtigen Zeitpunkt trifft, ist letztlich nur eingeschränkt eine Frage der Größe. Alle diese Fragen sind aber schließlich für die langfristigen Renditechancen entscheidend.
Der Aktienkurs wird jedoch oftmals auch von anderen Faktoren bestimmt. In Krisenzeiten sind Blue Chips der sichere Hafen und stärker nachgefragt, in Zeiten der florierenden Wirtschaft sind es hingegen die kleineren Unternehmen, die deutlich höhere Renditen bringen können. Es handelt sich also auch um eine Frage der Marktphase. Es ist allerdings nicht unsinnig davon auszugehen, dass ethisch-ökologische Investments eher ein Wachstumsmarkt darstellen können.
Schlechte Nachrichten? Unternehmen „ohne Tugenden“ möglicherweise renditeträchtiger
Interessant hinsichtlich der Frage „sind nachhaltige Investments renditestark?“ ist nicht zuletzt auch die Frage: „bringen andere Investments mehr Rendite ein?“. Auch hier ließe sich in verschiedene Richtungen argumentieren, es scheint jedoch so zu sein, als seien gerade die zweifelhaftesten Unternehmen genau jene, die eine bessere Rendite einfahren können.
Dafür gibt es verschiedene Gründe:
- „Lasterhafte“ Unternehmen sind weniger konjunkturabhängig – ein Raucher findet meistens Geld für Zigaretten.
- Unternehmen aus nicht-ethischen Branchen sind insbesondere wegen des Trends zur Nachhaltigkeit im Vergleich unterbewertet.
- Um für Anleger attraktiv zu bleiben, sind die Dividendenzahlungen oftmals hoch.
Eine Analyse der London Business School sowie der Credit Suisse aus dem Jahre 2015 bescheinigt lasterhaften Unternehmen tatsächlich eine bessere Rendite. Allerdings kann auch die Aussagekraft dieser Studie letztlich natürlich wieder angezweifelt werden. So findet sich in ihr beispielsweise eine Untersuchung der Tabakunternehmen in den USA seit 1900 auf Grundlage der Durchschnittsrendite. Moralische und ethische Standards befinden sich jedoch in einem dauerhaften Wandel. Dementsprechend ist natürlich speziell Tabakkonsum ein zweischneidiges Schwert. In den USA war das Image des „coolen Rauchers“ vorherrschend, bis die Tode einiger prominenter Raucher dieses Bild in der Öffentlichkeit erst in den 1980ern langsam wandelten. Wenn jedoch Tabakunternehmen oder Ölkonzerne lange Zeit nicht als unethisch gesehen wurden, ist diese Zuschreibung in einer Untersuchung lediglich bedingt tragbar.
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Nachhaltigkeits-Indizes kalkulieren Risiken ein
Die großen Indexanbieter gehen entgegen der oben zitierten Studie nämlich sehr wohl davon aus, dass „unethische“ Konzerne ein höheres Risiko haben. Einer der Gründe dafür ist auch, dass Imageschäden durch die schnelle Verbreitung von Skandalen durch das Internet oftmals deutlich schwerer wiegen.
MSCI und Stoxx werten dafür unterschiedliche Aspekte von Unternehmen aus und versuchen so, vor allem Risiken auszuschließen. Denn Unternehmen, die sich „korrekt“ verhalten, sind auch vor Imageschäden deutlich sicherer, sie müssen dementsprechend auch keine Kursverluste oder Umsatzrückgänge aus diesem Grunde fürchten.
Diesbezüglich haben die Index-Anbieter in der Regel umfangreiche Fragekataloge entwickelt. Sie widmen sich den drei Bereiche ESG, also Environment, Social und Governance. Jeweils ein Teil des Fragekatalogs deckt somit Umwelt ab, ein anderer Soziales und ein dritter die Unternehmensführung. Eine Unterkategorie stellt das SRI dar, also socially responsible investment.
Auf dieser Grundlage entstehen Ratings. Dabei können Unternehmen nur in jenen Bereichen gut abschneiden, die für sie auch relevant sind, um die Ratings nicht zu verfälschen. Für die Antworten werden dann Punkte verteilt. Die Indizes werden schließlich ebenfalls in Bezug auf dieses Rating gewichtet.
Auf diese Weise soll es möglich sein, nachhaltige Geldanlagen zu nutzen. Bislang ist dabei übrigens in vielen Fällen nicht eindeutig, welcher der Indices nun eine bessere Performance zeigt. Stattdessen bewegen sich die Indizes oftmals auf einem sehr ähnlichen Niveau. Es ist also bisher nicht absehbar, dass das Risiko oder die Rendite sich dadurch ändern würden.
Fonds so gut wie der Fondsmanager
Letztlich lassen verschiedene Studien den Schluss zu, dass ethisch-ökologische Geldanlagen nicht zwangsläufig besser oder schlechter sind als andere. Wer einzelne Fonds miteinander vergleicht und diese hinsichtlich der Risiko-Kennzahlen ähnlich auswählt, wird stattdessen oftmals feststellen können, dass auch bei der Rendite kaum ein Unterschied besteht. Es scheint somit keine Frage dessen zu sein, ob es sich um eine nachhaltige Geldanlage handelt, sondern eher, wie gut der Fondsmanager ist.
Dies ist vergleichsweise erstaunlich. Nachhaltige Fonds haben in der Regel einen Mehraufwand und sind bei der Auswahl der Fonds vergleichsweise stark eingeschränkt. Dementsprechend müssten sie eigentlich höhere Kosten ausweisen und auch eine geringere Rendite erbringen, als wenn ein Fondsmanager die gleichen Kriterien abseits der Nachhaltigkeit an ein größeres Anlageuniversum anlegen würde. Dennoch lässt sich dieser Unterschied nicht in der Realität abbilden. Dies könnte aber natürlich auch an den fehlenden Studien mit ausreichendem Horizont liegen.
Folglich lässt sich der geringe Unterschied vielleicht auch damit erklären, dass möglicherweise wirklich kein Investor den Markt dauerhaft schlagen kann. Denn auch bei den Indizes zeigt sich kein großer Unterschied in der Rendite, wenn nachhaltige und nicht-nachhaltige Indizes miteinander verglichen werden. Ob in einem Index Tabak- und Ölkonzerne, Waffenexporteure oder Pornohersteller enthalten sind oder nicht, scheint sich nicht spürbar auf die Rendite auszuwirken.
Schlechtere Rendite bei anderen Geldanlagen oft unumgänglich
Eindeutiger ist die Lage hingegen in der Regel bei anderen Formen der Geldanlage. Wer beispielsweise die Top-Anbieter unter den Tagesgeldanbietern sucht, wird selten eine der ethischen Banken finden. Hier müssen Kunden üblicherweise mit deutlich geringeren Zinsen rechnen.
Grund dafür sind auch der Verwendungszweck sowie der zusätzliche Aufwand. Ethische Banken finanzieren meist Projekte, die einen Mehrwert für die Gesellschaft oder die Umwelt bieten.
Nachhaltigkeit nachzuweisen oder zu überprüfen, ist aufwendig und somit auch teuer. Zugleich sind derartige Banken in der Regel sehr engen ethischen Standards verpflichtet und achten üblicherweise stärker darauf, zu hohe Schulden eines Kreditnehmers zu verhindern. Auf diese Weise ist auch der ausgegebene Zins oftmals nicht so hoch und die Gewinnspanne kleiner. Das führt dann wiederum dazu, dass Kunden von Einlagen keine hohen Zinsen erhalten können.
Ethische Geldinstitute stellen für alle, die eine möglichst hohe Rendite anstreben, also in den meisten Fällen nicht die richtige Wahl dar. Wer hier Geld anlegen möchte, muss damit rechnen, dass er dabei seine maximale Rendite nicht erreichen kann. Anleger können aber sehr häufig relativ transparent erfahren, wofür ihr Geld eingesetzt wird. Die meisten Banken dieser Art veröffentlichen die Richtlinien und stellen Beispielkunde vor, manche legen sogar alle finanzierten Projekte offen.
Tipps für Anleger: Wie nachhaltige Investments integrieren?
Folglich scheint zumindest die Anlage in Fonds keinen großen Unterschied bei der Rendite zu verursachen. Dementsprechend können Kunden darüber nachdenken, sie in ihre Portfolios zu integrieren. So lassen sich mittlerweile für die meisten Indizes „ethischere“ Pendants finden. Bislang scheint hinsichtlich der Rendite nachhaltiger Geldanlagen kein großer Unterschied zu bestehen.
Anleger sollten jedoch natürlich wie bei „normaler“ Geldanlage auch darauf achten, dass keine Klumpenrisiken entstehen. Im Zweifel kann es zudem sinnvoller sein, einen Index zu wählen, der nachhaltige Unternehmen vereint, als einen aktiv gemanagten Fonds zu wählen und dort deutlich höhere Kosten zu zahlen. Unabhängig von Fonds oder ETFs sollten Kunden außerdem verstehen, welche Kriterien der Fondsanbieter als „nachhaltig“ versteht und ob die enthaltenen Unternehmen den eigenen Standards tatsächlich genügen.
Die höheren Kosten, die ethische Fonds in manchen Fällen verursachen, sind durchaus kritisch zu betrachten. Der Nutzen durch Kurssteigerungen ist für die enthaltenen Unternehmen zwar vorhanden. Es könnte jedoch oftmals mehr Gutes hervorbringen, wenn Anleger einen herkömmlichen ETF auf einen geeigneten Index wählen und die dadurch im Vergleich zum aktiven Fonds gesparten Kosten an einen Zweck spenden, den sie für unterstützenswert halten. Dies gilt im Besonderen für die Fonds von herkömmlichen Fondsgesellschaften.
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Fazit: Nachhaltige Geldanlagen ohne klaren Vor- oder Nachteil
Studien, die die Frage beantworten möchten, ob nachhaltige Vermögensanlagen renditestärker sind als konventionelle Investitionen, gelangen zu keinem eindeutigen Schluss. Dies liegt auch daran, dass es keine vorgeschriebenen Definitionen für Investments gibt, die Nachhaltigkeit im Namen anzeigen. Das sorgt zum einen dafür, dass jeder Anleger einen Fonds finden kann, dessen Kriterien seinen moralischen Vorstellungen entspricht. Zum anderen sorgt dies aber für eine schlechte Vergleichbarkeit.
Bislang zeigt sich tatsächlich ein kleiner Vorteil für nachhaltige Fonds. Ob sich dies in der Zukunft aber bestätigen wird, ist alles andere als klar. Die Fonds sind in der Regel zu jung, um daraus tatsächlich sichere Schlüsse ziehen zu können.
Interessant ist dabei, dass auch die nachhaltigeren Indizes keine eindeutige Unterscheidung ermöglichen. Sie entwickeln sich sehr ähnlich wie die ursprünglichen Indizes ohne Ausschluss von „unethischen“ Unternehmen. Dies legt den Schluss nahe, dass es möglicherweise kaum Konsequenzen auf die Rendite hat, wenn Anleger nur noch in ethische Unternehmen investieren.