Subventionierter Griechenland-Urlaub oder Schuldenschnitt?
März 5, 2015 5:00 pmDie CDU-Politiker Rüdiger Kruse und Axel Fischer bringen zweifelsfrei neuen Schwung in die Griechenland-Debatte. Als Alternative zu einer weiteren Milliardenspritze für die griechische Regierung planen sie, das System von unten zu verändern und schlagen vor, jedem deutschen Griechenland-Urlauber 500 Euro seiner Reisekosten zurückzuzahlen. Um die Steuerehrlichkeit zu begünstigen, soll dies ausschließlich für EC- und Kreditkartenzahlungen gelten.
Der nicht ganz ernstgemeinte Vorschlag zeigt jedoch auch, woran es in Griechenland zumindest nach Ansicht von Rüdiger Kruse trotz der umfangreichen Reformen hapert. Der stellvertretende Vorsitzende der Hamburger CDU ist der Meinung, dass auch die Bevölkerung neue Hoffnung schöpfen muss, und fordert einen Kulturwechsel. Dabei spricht er sich eindeutig für einen Verbleib Griechenlands in der Währungsunion aus und lobt die Leistungen Athens in den letzten Jahren. Ziel der Idee sei es gewesen, die Griechenland-Krise unkonventionell zu denken und Lösungswege zu finden, die direkt im Land etwas verändern.
Dass die deutsche Regierung Griechenland gegenüber wohlgesonnener ist als viele andere Staaten, denkt auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. In einem Interview mit „El País“ gab er an, die Niederlande, Finnland, Österreich, die Slowakei und die baltischen Länder wären gegenüber Griechenland wesentlich strenger gewesen und nimmt die deutsche Regierung in Schutz.
Neue Gesetze: Armutsbekämpfung und Amnestie von Steuersündern
Unterdessen ist natürlich auch die Regierung in Athen nicht untätig. Das Kabinett hat einen Gesetzentwurf verabschiedet, der Maßnahmen gegen die im Land herrschende Armut vorsieht. Rund 300.000 Bürger sollen von Lebensmittelkarten profitieren, für 30.000 Haushalte ist ein Mietzuschuss in Höhe von maximal 220 Euro vorgesehen. Zudem sollen gegen Ende des Jahres abgeklemmte Stromleitungen wieder angeschlossen werden, wobei Familien mit Kindern und Langzeitarbeitslose vorrangig behandelt werden sollen. Insgesamt belaufen sich die Kosten der Umsetzung auf rund 200 Millionen Euro.
In den kommenden Tagen soll zudem ein Gesetz bewilligt werden, das Schuldnern ihre wegen Verzugs erlassene Geldstrafen erlässt, falls sie ihre Steuerschulden bis Ende März begleichen. Vor allem dieses Gesetz wurde lang erwartet. Zu Beginn des Jahres hatte Griechenland mit verstärkten Liquiditätsproblemen zu kämpfen, da zahlreiche Schuldner auf die Einlösung des Versprechens des Schuldenerlasses hofften und ihre Zahlungen verzögerten. Der Primärüberschuss von geplanten 1,36 Milliarden sank aufgrund dessen auf 443 Millionen Euro ab.
Um die Notsituation zu überbrücken, leiht sich die griechische Regierung unterdessen für bis zu 15 Tage Geld bei der Rentenkasse und bei Pensionsfonds, das sie mit Zinsen zurückzahlen möchte. Gerüchten zufolge hangelt sich die griechische Regierung finanziell von Tag zu Tag. Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes sollte sich das tägliche Geschäft deutlich entspannen.
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Wirtschaftliche Lage weiterhin prekär
Doch auch dann steht die griechische Regierung vor dem Problem, dass sie die fälligen Zinsen und die Tilgung der Staatsschulden nicht aus eigener Kraft zahlen können wird. Bis Ende Juni muss der Staat 4,7 Milliarden Euro zurückzahlen. Hier soll auch das zweite Rettungspaket helfen. Erschwert wird die Situation jedoch dadurch, dass Griechenland T-Bills zurückzahlen muss. Hier werden erneut 11,6 Milliarden Euro fällig, allein bis Ende März muss Athen Verpflichtungen in Höhe von 6,85 Milliarden Euro erfüllen.
Am gestrigen Mittwoch konnte die griechische Regierung allerdings Staatsanleihen mit sechs Monaten Laufzeit im Wert von rund 1,1 Milliarden Euro am Finanzmarkt absetzen. Im Vergleich zu im Februar stiegen die Zinsen hierfür allerdings von 2,75 auf 2,97 Prozent an, sodass Griechenland die höchste Verzinsung seit elf Monaten akzeptieren musste. Das Interesse ausländischer Geldinstitute war faktisch nicht vorhanden, sodass sich die griechische Zentralbank an der Auktion beteiligte. Die griechische Regierung hat kaum Möglichkeiten, auf andere Art Geld aufzunehmen, sodass sich die finanziellen Probleme weiter verstärken. Ein weiteres Problem ist die Tatsache, dass die Gläubiger T-Bills in Höhe von 15 Milliarden Euro genehmigt haben, diese jedoch vollständig ausgeschöpft sind.
Quo vadis, Griechenland?
Es scheint unmöglich, dass Griechenland seine Schulden ohne fremde Hilfe zurückzahlen kann. Auch deswegen forderte die neue Regierung bei ihrem Antritt einen Schuldenschnitt. Dass dieser Vorschlag die Gläubiger nicht zufriedenstellt, hat inzwischen jedoch auch Finanzminister Varoufakis bemerkt. Er hat als Alternative zu einem dritten Hilfspaket eine Umwandlung der Schulden im Sinn. Die vom europäischen Rettungsfonds erhaltenen Kredite könnten in Anleihen umgewandelt werden.
Die Zinsen wären an das Wirtschaftswachstum Griechenlands gekoppelt, sodass der Staat seine Gläubiger nur dann bedienen müsste, wenn die wirtschaftliche Lage dies auch zulässt. Dies bedeutet zwar eine weitere Verschiebung der Rückzahlung der Schulden, wird jedoch grundsätzlich als faire Möglichkeit gesehen – wenn nicht viele Geldgeber das Problem sehen würden, dass die Regierung um Tsipras bereits durchgeführte Reformen wieder zurücknehmen würde. Bereits bei der Verlängerung des zweiten Hilfspakets war dies ein entscheidender Konflikt, bei dem Tsipras letztlich Zugeständnisse machen musste. Ob das Interesse ausländischer Investoren an griechischen Geldanleihen steigt, ist auch dadurch fragwürdig.
Als wesentlich wahrscheinlicher gilt deswegen ein drittes Rettungsprogramm für Athen, das ab dem 30 Juni in Kraft treten würde. Ein Schuldenschnitt ist ebenfalls im Gespräch. Vor allem die Verbindlichkeiten Athens gegenüber der EZB und dem IWF müssten davon betroffen sein, um der griechischen Wirtschaft tatsächlich Erleichterung zu verschaffen.