Edeka und Tengelmann rufen Gabriel
April 30, 2015 5:00 pmEigentlich galt die Übernahme von Tengelmann durch Edeka Anfang April als gescheitert: Das Bundeskartellamt hatte die Fusion wegen massiver Bedenken untersagt. Die Supermarktketten wollen jedoch nicht aufgeben und rufen nun Wirtschaftsminister Gabriel um Hilfe.
Unternehmen stellten Antrag auf Ministererlaubnis
Die beiden Supermarktketten haben nun eine Ministererlaubnis für den Zusammenschluss beantragt. Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub begründete diesen Schritt damit, dass beide Unternehmen überzeugt seien, dass die gesamtwirtschaftlichen Vorteile der Pläne die rein wettbewerbsrechtlichen Kritikpunkte des Bundeskartellamtes bei Weitem überwiegen würden. Er führt dazu auch rund 16.000 Arbeitsplätze bei Tengelmann an, die seiner Meinung nach nur durch die Fusion umfassend gesichert werden könnten.
Der Eingang des Antrags wurde vom Bundeswirtschaftsministerium bestätigt. Gabriel verbleiben nun vier Monate Zeit, eine Entscheidung zu treffen. Davor muss geprüft werden, ob die gesamtwirtschaftlichen Vorteile oder ein überragendes Interesse der Allgemeinheit schwerer wiegen als die Argumente des Kartellamts. Dafür benötigt Gabriel eine Stellungnahme der Monopolkommission. Außerdem muss der Wirtschaftsminister auch die Unternehmen und Landesbehörden anhören.
Fusion könnte zu Preiserhöhung führen
Das Bundeskartellamt hatte Anfang April argumentiert, dass die Übernahme von rund 450 Kaiser´s Tengelmann zu einer Preiserhöhung und weniger Konkurrenz führen könnte. Edeka ist ohnehin mit weitem Abstand der Marktführer auf dem deutschen Lebensmittelmarkt und an vielen Standorten existieren laut Kartellamt nur noch maximal zwei große Wettbewerber. Hauptsächlich Edeka und Rewe mit ihren jeweiligen Discountern Netto und Penny sind derzeit in vielen Regionalmärkten und Stadtbezirken die beiden einzigen Nahversorger mit umfassendem Warensortiment sowie Markenartikeln.
Eine Übernahme des Konkurrenten würde die starke Position von Edeka weiter festigen, denn Tengelmann erwirtschaftete im letzten Geschäftsjahr einen Netto-Umsatz von rund 1,8 Milliarden Euro. Zwar hat das Unternehmen nur einen Marktanteil von 0,6 Prozent, je nach Region könnte auch dieser Unterschied jedoch deutlich ins Gewicht fallen. So würde Edeka beispielsweise in München und Berlin mehr als zehn Prozent Marktanteil hinzugewinnen. Auch in Regionen von Nordrheinwestfalen und Bayern würde Edeka weiter an Bedeutung gewinnen.
Jetzt Konto beim Testsieger XTB eröffnenCFDs sind komplexe Instrumente und gehen wegen der Hebelwirkung mit dem hohen Risiko einher, schnell Geld zu verlieren. 77% der Kleinanlegerkonten verlieren Geld beim CFD-Handel mit diesem Anbieter. Sie sollten überlegen, ob Sie verstehen, wie CFDs funktionieren, und ob Sie es sich leisten können, das hohe Risiko einzugehen, Ihr Geld zu verlieren.
Auch Hersteller durch mangelnde Konkurrenz betroffen
Zudem sieht das Kartellamt auch die Einkaufsmacht der Supermarktkette als bedenklich an. Die „Spitzengruppe“ Edeka, Rewe und Schwarz-Gruppe würde durch die Übernahme noch weiter an Gewicht gewinnen. Die Übernahme von Tengelmann würde dazu führen, dass den Herstellern eine wichtige Absatzalternative zu dieser Gruppe weniger bleibt. Dies führe dazu, dass die Übernahme „zu einer erheblichen Behinderung des wirksamen Wettbewerbs“ beim Einkauf zur Folge hätte.
Edeka und Tengelmann hatten bereits im Vorfeld auf Bedenken reagiert und boten dem Kartellamt an, rund 100 der Filialen an andere Einzelhändler zu veräußern, sodass Edeka nur 350 Filialen übernehmen sollte. Dieses Angebot wurde vom Kartellamt jedoch als bei Weitem nicht ausreichend betrachtet. Zusätzlich möchte Edeka neben den Filialen auch Tengelmann E-Stores übernehmen, zu der auch Plus.de und GartenXXL.de gehören.
Tengelmann will sich vom Lebensmittelhandel verabschieden
Eigentlich hatte Edeka die Übernahme für Ende Juni geplant. Nachdem die Wettbewerbsbehörde ihre Entscheidung veröffentlicht hatte, hatten beide Supermarktketten bereits angekündigt, schnell über ihr weiteres Vorgehen zu entscheiden. Tengelmann will sich aus dem Lebensmittelhandel deswegen zurückziehen, weil das Unternehmen in dieser Sparte nach eigenen Angaben nur noch Verluste macht.
Die Baumarktkette Obi und der Textil-Discounter Kik nehmen inzwischen innerhalb der Tengelmann-Gruppe einen wesentlich wichtigeren Stellenwert ein. Zudem konzentriert sich das Unternehmen zunehmend auf E-Commerce und ist auch an Zalando und baby-markt.de beteiligt. Insgesamt konnte der Konzern im Geschäftsjahr 2013 einen Nettoumsatz von rund 7,8 Milliarden Euro verzeichnen.
Die Tengelmann-Tochter Plus wurde bereits vor sieben Jahren an den Konkurrenten Edeka verkauft. Bereits damals hatte das Bundeskartellamt die Übernahme nur unter sehr strengen Auflagen genehmigt.
Haub warnte das Kartellamt vor seiner Entscheidung davor, dass das Fusionsverbot dazu führen könnte, dass sämtliche Filialen geschlossen werden. Die Wettbewerbsbehörde lies sich davon jedoch nicht beeindrucken.
Rewe äußert sich gegen Ministererlaubnis
Sollte Gabriel sich dafür entscheiden, die Fusion zu erlauben, kann dieser Entschluss vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf per Beschwerde angefochten werden. Es gilt als wahrscheinlich, dass Edeka-Konkurrent Rewe sich mit einer Erlaubnis nicht abfinden würde. Rewe hat sich bereits deutlich gegen die Ministererlaubnis geäußert und hält es nicht für wahrscheinlich, dass die gesamtwirtschaftlichen Vorteile tatsächlich überwiegen. Der Konzern geht davon aus, dass die Arbeitsplatzsicherung ein vorgeschobenes Argument sei und es andere Mittel gäbe, die Mitarbeiter weiter zu beschäftigen. Allerdings hatte Rewe selbst Interesse daran gezeigt, Tengelmann zu übernehmen und auch für diese Konstellation hatte die Wettbewerbsbehörde massive Bedenken angezeigt.
Auch ver.di spricht sich gegen Fusion aus
Auch die Beschäftigten wehren sich gegen die Übernahmepläne. Nachdem sie drei Jahre lang im Rahmen eines Zukunftssicherungstarifvertrages Kürzungen bei den Zusatzleistungen hinnehmen mussten, wurden die Verkaufspläne nur ein Jahr nach Rückkehr in den Flächentarifvertrag verkündet. Da ein Großteil der Filialen privatisiert werden soll, fürchten die Beschäftigten nun, dass auf die Fusion erst ein Abbau der Betriebsräte und anschließend Tarifflucht und Lohnkürzungen folgen würden. Diese Befürchtung stützt sich allerdings hauptsächlich auf Erfahrungswerte an sich und basiert nicht auf Erfahrungen mit der Supermarktkette Edeka.