Dow-Theorie – Ursprung der Technischen Analyse
Mai 25, 2018 8:00 amDie Theorien von Charles H. Dow
Die Technische Analyse hat es geschafft eine etablierte Wissenschaft innerhalb der Börsenanalyse zu werden. Es hat zwar Jahrzehnte angedauert bis die Akzeptanz auch in den Universitäten angekommen ist, doch die Zweifler sind nun so gut wie ausgemerzt. Was ist Technischen Analyse? Sehr vereinfacht ausgedrückt, kann man sie als Werkzeug zur Identifizierung von Trends bezeichnen.
Versucht man die Ursprünge der Technischen Analyse zu entdecken, muss man sehr weit in die Börsenhistorie zurückgehen. Den „Keim“ der Technischen Analyse haben wir Charles H. Dow zu verdanken. Er lebte zwischen 1851 und 1902. Somit wurde er nur 51 Jahre alt. Seine Erkenntnisse und sein Wissen veröffentlichte er in einer Reihe von Editorials im „The Wall Street Journal“. Erstaunlicherweise hat Charles Dow nie ein Buch geschrieben. Nach dem Tod von Charles Dow veröffentlichte S.A. Nelson und William Peter ein viel beachtetes Buch mit dem Namen „The ABC of Stock Speculation“. Die beiden Autoren waren große Verfechter der Dow-Theorien. Inhaltlich nahmen sie die Erkenntnisse von Dow auf, und fassten sie zusammen.
Historische Börsenkurse zur Prognose
Charles H. Dow kam 1879 nach New York und arbeitete als Reporter für Finanznachrichten. Zusammen mit Edward D. Jones gründete er ein paar Jahre später seinen eigenen Service. Aus diesem Nachrichten-Dienst entstand dann das legendäre Wall Street Journal.
Dow´s Hauptthese zur Technischen Analyse lässt sich einfach zusammenfassen. Zukünftige Aktienkurse sollen sich auf Basis von historischen Kursverläufen prognostizieren lassen. Dow behauptete, dass Aktienmärkte ein kollektives Gedächtnis besitzen. Dieses Gedächtnis produziert Trends sowie Widerstände und Unterstützungen.
Als Mitglied der New Yorker Stock Exchange konnte er immer wieder geschickte Trader beobachten, die nur aufgrund der Beobachtung von Kursen sehr viel Geld verdienen konnten. Diese Trader agierten kurz- bis mittelfristig und ohne spezifische Aktienanalyse. Dow erkannte dabei, die massenpsychologische Wirkung von Trendbewegungen.
Die Entstehung eines Aktienindex
Mit dem Dow Jones Industrial Average schufen Charles H. Dow und Edward D. Jones den ersten Aktienindex, der die Performance eines gesamten Aktienmarktes widerspiegeln sollte. 1884 entstand die Idee des Index mit elf Aktien. Im Jahr 1889 wurde der Index das erste Mal veröffentlicht, und er hieß „Railroad Average“, weil er hauptsächlich aus Eisenbahngesellschaften bestand. 1896 kam dann eine Erweiterung, denn man wollte Industrieaktien als eigenständigen Index darstellen. Mit zwölf Industrieaktien bot der Dow Jones Industrial Average seine erste Kursnotiz. Erst 1928 wurde der Index auf 30 Aktien erweitert. Bis zum heutigen Tag blieb es dabei. Die erste Kursnotiz gab es am 26.Mai.1896 mit 40,94 Punkten. 1972 feierten die Börsianer das erstmalige Überschreiten von 1000 Punkten. Übrigens, es gibt nur eine Unternehmung, die vom ersten Tage an, immer im Dow Jones Industrial Average enthalten war: General Electric.
Trends bauen sich immer nach dem gleichen Muster auf
Ein Trend verläuft niemals geradlinig, weil er durch die Emotionen der Marktteilnehmer beeinflusst wird. Dadurch gibt es Phasen der Übertreibung, die anschließend zur Korrektur führen. Das Ergebnis ist eine Zickzackbewegung, die in einem Trendkanal beschrieben werden kann. Charles Dow ging noch einen Schritt weiter und übertrug die Zickzackmuster auf physikalische Gesetze. Jeder Ingenieur lernt im ersten Semester das Gesetz: actio = reactio. Vereinfacht ausgedrückt, gibt es auf jeder Aktion eine passende Reaktion. So entstehen in einem Kursverlauf Hoch- und Tiefpunkte. Eine Erkenntnis , von der auch William D. Gann überzeugt war.
Bild: Beispiel eines Kurverlaufes (Commerzbank-Aktie) mit Zickzack-Muster. Das Zickzack kennzeichnet die neuen Hochs und Tiefs im Trendkanal.
Ein Aufwärtstrend baut sich durch eine Reihe von Hochpunkten aus. Jeder neue Hochpunkt liegt über dem Hoch des vorherigen. Die Tiefpunkte der Korrekturbewegungen im Aufwärtstrend bilden ebenfalls ein steigendes Muster. Die Zwischentiefs liegen jeweils über dem Tief des vorherigen. Passend dazu ist der Abwärtstrend aufgebaut. Er zeichnet sich durch eine Folge von sinkenden Tiefpunkten und fallenden Zwischenhochs aus.
Dow definiert drei Arten von Trends
Jede Trendbewegung unterteilt sich nach Charles H. Dow in drei verschiedene Trendtypen.
- Primärtrend (langfristig)
- Sekundärtrend (mittelfristig)
- Tertiärtrend (kurzfristig)
Der Primärtrend beschreibt die starke langfristige Bewegung. Innerhalb eines Tagescharts wurde man von einer Dauer von mindestens ein Jahr ausgehen. Der mittelfristige Sekundärtrend offenbart die klaren Wellenbewegungen innerhalb des Primärtrends. Hierzu gehören auch stärkere Gegenbewegungen. Eine Korrekturphase mit Sekundärtrend kann durchaus bis zu drei Monate dauern. Möglich wären aber auch kurze Sekundärtrends von 2-3 Wochen. Der kurzfristige Trend (Tertiärtrend) dauert zwischen drei Tage und drei Wochen an. In vielen Fällen wird er durch Wirtschaftsnachrichten kurzfristig ausgelöst und die Wirkung bleibt gering.
Charles Dow verglich seine Trendarten mit den Bewegungen des Ozeans. Dabei produzieren Ebbe und Flut den jeweils vorherrschenden Primärtrend. Die optisch identifizierbaren Wellen sind Sekundärtrends. Zusätzlich gibt es gekräuselte kleine Wellen, die als Tertiärtrend identifizierbar wären.
Während einer Flut steigt der Wasserstand an. So erreicht jede Welle ein kleines Stück mehr Strand. Anschließend weicht sie wieder zurück, um von der nächsten Welle übertroffen zu werden.
Bild: Anschauungsbeispiel der Wellen im Ozean
Wichtigste Trendregel
Ein Trend führt zur Fortsetzung der Kursrichtung und er gilt so lange als intakt, bis ein eindeutiges Umkehrsignal den Richtungswechsel definiert. Deshalb versucht jeder gute technische Analyst zunächst einen Trend zu identifizieren. Hat er einen Trend erkannt, dann kann er mit zusätzlichen Hilfsmitteln, wie zum Beispiel mit Widerständen und Unterstützungen oder Chartmustern die Beständigkeit des Trends zu untersuchen.
Das Handelsvolumen ist der Treibstoff des Trends
Mithilfe des Handelsvolumens lässt sich die Handelsaktivität beurteilen. Deshalb ergibt sich aus der Beziehung von Kurs und Volumen eine zusätzliche Information um Angebot und Nachfrage abzuschätzen. Dow stellte die These auf, dass in einem Trend mehrheitlich steigende Handelsumsätze in Trendrichtung anzutreffen sind, und in der Korrekturphase die Volumina abnehmen. Jedes Abweichen von diesem Verhaltensmuster entspricht einem Warnsignal, welches eine zukünftige Trendwende anzeigen könnte.
Die Dow-Theorie wird nie ihre Gültigkeit verlieren
Charles H. Dow‘ s Theorien sind uneingeschränkt gültig. Es gibt zwar modernere Ansätze, wie zum Beispiel die „Markttechnik“, doch das Grundprinzip ist identisch. Solange der Mensch den Börsenhandel betreibt, gibt es eine Massenpsychologie und sie wird dazu führen, dass die Technische Analyse eine wichtige Komponente bleibt.
Trend und Volatilität werden sich auch in Zukunft laufend ändern. Deshalb gibt es immer wieder neue Handelschancen und Gelegenheiten zu großartigen Handelsgewinnen. Einige Handelstechniken werden für eine Zeit lang erfolgreich sein, um dann später wirkungslos zu werden. Irgendwann sind sie dann wieder erfolgreich. Es ist ein natürlicher Ablauf von Ebbe und Flut an der Börse.