Eine Candlestick-Analyse durchführen – Indikatoren, Einflussgrößen und mehr!
Februar 20, 2018 8:00 amMit Candlesticks zukünftige Kurse prognostizieren
Vermutlich ist der Candlestick-Chart, der am meisten genutzte Chart-Typ. Dabei wird gerne übersehen, dass das präzise Lesen von Candlesticks keine einfache Übung ist. Ein schneller Marktüberblick ist simpel, doch wenn es um eine konkrete Prognose geht, fangen die Schwierigkeiten an.
Effektive Candlestick-Muster gibt es über 50. Jedes einzelne hier darzustellen wäre zu umfangreich. Und es wäre für vielleicht auch gar nicht notwendig, denn es gibt in diesem Bereich jede Menge Literatur und Internetseiten. Es ist deshalb viel interessanter, über die Dinge zu schreiben, die nicht (oder nur selten) in den Lehrbüchern besprochen werden.
Einflussgrößen bei der Candlestick-Analyse
Die Wirkung von Candlestick-Mustern wird von mehreren Marktumständen beeinflusst. Die wichtigsten Einflussgrößen sind das Handelsvolumen und der Trend. Eine Candlestick-Analyse ohne Handelsvolumen ist praktisch wertlos. Nehmen wir ein beliebiges Muster, welches mit dem Handel von zehn Aktien erzeugt wurde. Zehn Aktien sind so wenig, dass man vom Zufall sprechen muss. Wird jedoch das Muster mit einem Handelsvolumen von 1 Million Aktien gebildet, dann kann das Muster nicht mehr zufällig sein.
Ein starker Einfluss entsteht durch den Trend oder auch dem kurzfristigen Kursschwung. Einige Candlestick-Muster sind nur effektiv, wenn Sie in Trendrichtung erscheinen. Andere zeigen aber nur eine positive Wahrscheinlichkeit, wenn sie gegen den Trend eingesetzt werden. Als Analyst sollte man deshalb den Chart sehr genau studieren, bevor leichtfertig Aussagen getroffen werden.
Auch unter technischen Analysten gibt es welche, die an der Effektivität von Candlestick-Mustern zweifeln. Das hängt mit den genannten Einflussgrößen zusammen. Wer Candlestick-Muster ohne das Marktumfeld interpretiert, wird in seine Analyse Fehler einbauen. Deshalb ist das analytische Gesamtbild wichtiger als individuelle Kerzenmuster.
Die Auswahl des Charts
Candlesticks dienen in erster Linie der diskretionären Marktanalyse. Die Effektivität steigert sich nochmals in psychologischen Extremsituationen. Also genau dann, wenn Gier oder Angst den Markt beherrschen. Vermutlich hängt das mit dem erhöhten Handelsvolumen zusammen.
Vor einer Analyse sollte zunächst geklärt werden, welcher Chart zur Candlestick-Analyse geeignet ist. So ist zum Beispiel ein DAX-Tages-Chart ziemlich ungenau. Auf Tagesbasis wäre ein Chart des DAX-Futures klar besser. Ursache dafür ist die veränderte Handelszeit und das „echte“ Handelsvolumen. Der DAX-Index wird von 9 Uhr bis 17:30 Uhr gehandelt. Der DAX-Future läuft von 8:00 bis 22:00 Uhr. Er nimmt die volle Handelszeit des US-Aktienmarktes mit. Das Handelsvolumen des DAX wird von den meisten Kursdatenanbietern nicht angeboten. Daher ist es notwendig das Handelsvolumen aus den 30 DAX-Aktien selbst zu berechnen. Wenn dabei eine Aktie durch eine Wirtschaftsmeldung außergewöhnlich hohes Volumen besitzt, dann kann es zur Fehlinterpretation des DAX kommen. Wer den DAX analysiert, der untersucht den Gesamtmarkt. Eine einzelne Aktie sollte keine psychologische Verzerrung erzeugen.
Beim DAX-Future findet der Handel mit den entsprechenden Kontrakten statt. Das bedeutet, die Anzahl der gehandelten Kontrakte steht im direkten Verhältnis zur Einschätzung der Marktteilnehmer. Deshalb zeigt das Handelsvolumen eher den psychologischen Zustand des Marktes.
Bild: DAX-Tageschart mit fragmentierten Mustern. Große Kurslücken behindern die Candlestick-Analyse
Bild: Chart des FDAX mit „sauberen“ Candlestick-Formationen
Das Arbeiten mit Candlesticks ist prinzipiell umfangreich. Kompliziert wird die Analyse, weil es selten eindeutige Handelssignale gibt. Oftmals sind Candlestick-Muster ineinander verschachtelt. So kann zum Beispiel eine einzelne bullishe Candlestick gleichzeitig ein Teil eines größeren bearishen Musters sein. Die Muster können sich inhaltlich widersprechen. Wer also mit Candlestick-Mustern erfolgreich arbeiten möchte, benötigt viel Übung und Erfahrung.
Unterschiedliche Zeitrahmen nutzen
Viele Trader holen sich bei der Analyse zusätzliche Sicherheit, in dem sie ein Handelssignal in verschiedenen Zeitrahmen betrachten. Nehmen wir zum Beispiel an, es entsteht ein Muster im 5-Minuten-Chart, dann wäre es noch effektiver, wenn sich das Muster in einem 30-Minuten-Chart bestätigt. Es ist logisch, dass nach einen 5-Minuten-Signal, das 30-Minuten-Muster nicht immer vollständig sein kann. Es reicht manchmal aus, wenn es dem 5-Minuten-Muster in der unvollendeten Form nicht widerspricht.
Beachten Sie, dass die Zeitrahmen aufeinander abgestimmt sind. Wenn Sie einen 1 Minuten Chart analysieren, dann macht es keinen Sinn einen Tageschart zur Bestätigung heranzuziehen. Besser wäre ein 15- oder 30-Minuten-Chart. Ebenso würde ein 10-Minuten-Chart nur unzureichend für eine Bestätigung eines 5-Minuten-Charts passen. Das wäre zeitlich zu eng. Die Zeitrahmen sollten deshalb aufeinander abgestimmt sein.
Weitere Möglichkeiten der Candlestick-Darstellung:
Bild: Chart-Darstellung in Candlevolume-Form
Das obere Bild zeigt eine besondere Form der Candlestick-Darstellung. Beachten Sie besonders die Breite des Candlesticks. Die Breite steht in einem linearen Zusammenhang mit der Höhe des Handelsvolumens. Je breiter die Candlestick ist, desto größer ist das Volumen. In dieser Form der Darstellung lassen sich das Wellenbild und die dahinterstehende Psychologie leichter interpretieren.
Automatisierte Candlestick-Muster
Wenn die Candlestick-Analyse so umfangreich ist, dann liegt es nahe, die Signale zu automatisieren. Das ist mathematisch möglich, und wird gelegentlich sogar in die Praxis umgesetzt.
Bild: Beispiel für die Chartstick-Darstellung mit automatisierten Signalen
Der Chart zeigt den Versuch die effektivsten Candlestick-Muster mit den entsprechenden Handelssignalen zu automatisieren. Die Candlestick-Muster werden passend zum Momentum, und dem Handelsvolumen automatisch ausgewertet. Das Ergebnis ist ein kleiner Impuls, der im Tageschart zwischen ein und fünf Tagen anhält.
Indikatoren für Candlesticks
Es gibt kaum eine Trading-Idee, die nicht schon einmal umgesetzt wurde. Candlesticks können sogar in einzelne Indikatoren aufgelöst werden. Was liegt näher als die Candlestick-Form in einzelne Indikatoren zu verarbeiten. Wie bei jedem Indikator ist es so, dass dieser Sinnvolles vom Nutzlosen unterscheiden soll. Ein Indikator kann ein guter Filter sein, um die Handelsentscheidung zu präzisieren.
1999 stellte Viktor Likhovidov im S&C-Trader-Magazin seinen „Candlecode“ vor. Dabei werden die Dochte, Kerzenkörper und Lunten einzeln verarbeitet und bewertet. Glättet man die Ergebnisse, kann man den Candlecode auch als Momentum-Indikator verwenden. Die Praxis zeigt, dass der Candlecode ein vorlaufender Momentum-Indikator sein kann.
Als effektiv hat sich auch der QStick-Indikator von Tushar Chande erwiesen. Beim QStick wird das Momentum des Kurses nur über den Kerzenkörper (Body) berechnet. Lunte und Docht spielen keine Rolle.
Als Ergänzung gibt es noch einige Versuche, den Markt über Lunte und Docht zu bewerten. Lunte und Docht bezeichnet man auch als „Schatten“. Passend dazu gibt es einen „Shadow-Oszillator“.
Bild: Beispiel für die Anwendung von Candlestick-Indikatoren.
Wie verdient man mit Candlesticks Geld?
Kritiker werden vermutlich sagen, dass ein profitabler Einsatz der Candlesticks nur möglich ist, wenn das Candlestick-Muster im unfertigen Zustand erraten wird. Das ist nicht korrekt. Es lässt sich statistisch beweisen, dass einige Muster eine Auswirkung auf die nächst-folgenden Candlesticks haben. Meist liegt die Wirkung zwischen 1 bis 5 Candlesticks. Damit kann man schon arbeiten. Weil die Dauer der Wirkung kurz ist, sind die Muster gut geeignet, wenn sie in Kombination mit anderen Handelsinstrumenten genutzt werden. Das Muster sollte dann der Zündfunke für etwas Größeres sein.