So funktioniert ein Aktien-Crash

März 9, 2018 8:00 am

Die Blaupause für einen Aktien-Crash? Die Historie gibt Hinweise für den typischen Ablauf.

In allen Wertpapiermärkten, die von der großen Masse der unterschiedlichen Marktteilnehmer besucht werden, gibt es anscheinend immer die gleichen psychologischen Ablaufmuster. Eine Blaupause für die Zukunft lässt sich anhand der historischen Kursverläufe konstruieren.
Grundsätzlich steht jede Blasenbildung eines Kursverlaufes meistens in Abhängigkeit zum Marktanteil der privaten Marktteilnehmer. Je größer der Anteil der Privaten ist, desto schwungvoller und dynamischer sind die Übertreibungen. Börsenpsychologen sind deshalb der Meinung, dass private Marktteilnehmer eher ihrer Gier bzw. ihrer Angst zum Opfer fallen.
 
Die psychologischen Phasen eines Marktes
Bild: Die psychologischen Phasen eines Marktes in detaillierter Form. Aktuell befinden wir uns in einem frühen Stadium der Risikoaversion.
Der amerikanische Analyst John Hussman beschäftigt sich mit den psychologischen Parametern des Wertpapierhandels. In diesem Zusammenhang hat er vor kurzer Zeit eine neue Analyse erstellt, die interessant für den aktuellen zukünftigen Kursverlauf der Aktienmärkte sein könnte.
Hussmans wichtigste These ist: Der große Kollaps einer Marktblase wird zuvor durch kleinere Zusammenbrüche vorbereitet. Die kleinen Zusammenbrüche sind Teil des größeren Ganzen. Das darf man sich wie bei einem Vulkan vorstellen. Bevor ein Vulkan ausbricht, gibt es jede Menge Vorzeichen. Es fängt an bei einem erhöhten Schwefelaustritt an, und geht weiter zu bei kleinen Eruptionen.
Hussmann sagt, jeder Investor oder Trader bewegt sich fortlaufend in einer zyklischen Psychologie zwischen höheren Risiko und Risikoaversion. Individuell unterschiedlich sind nur die Ausschläge innerhalb der Risikoschwankungen. Im Durchschnitt sollen aber private Spekulanten größere emotionale Extreme aufzeigen.

Kleine Zusammenbrüche sind Vorboten

Das obere Bild zeigt, dass wir uns zurzeit im gebrochenen Trendverlauf einer Parabel befinden. Eine bullishe Parabel zeichnet sich durch einen Kursverlauf aus, der nicht linearer ansteigt, sondern mit zunehmender Marktreife an Anstiegsgeschwindigkeit zunimmt. Dabei ist gerade die erhöhte Anstiegsgeschwindigkeit die Ursache für den späteren Zusammenbruch. Es ist praktisch eine Mini-Blase, die zu schnell wächst und dann platzt. Beispiele für den parabolischen Kursverlauf gab es zum Beispiel beim S&P500 im Januar 2018 oder auch beim Nikkei (April 2013 und Oktober 2017) – und beim Nasdaq100-Index im März 2000.

Effektive Crash-Auslöser – US-Immobilienblase

Schaut man sich die Crashes der Vergangenheit an, dann gibt es selten ein Ereignis, dass sofort zum harten Kursabsturz führt. Das Finanzsystem funktioniert eher wie ein Erbeben am Meeresgrund, dass zu einem verzögerten Zeitpunkt ein Tsunami auslöst. Der „Kurs-Tsunami“ bringt dann die größten Schäden“.
So ein Erdbeben konnte man im Juli 2007 entdecken. Es gab es zwei wirtschaftliche Zusammenbrüche von Bear Stearns Hedgefonds. Sie waren stark investiert in den Sub-Prime-Anleihen. Durch den Wertverfall im US-Immobilienmarkt wurden die Sub-Prime-Anleihen plötzlich nahezu wertlos. Das war ein Zündfunke für den Zusammenbruch des gesamten Aktienmarktes drei Monate später. So entstand ein Wertverlust in der Spitze von circa 55%.
Sub-Prime-Krise- Kursverlauf des S&P500 in 2007
Bild: Kursverlauf des S&P500 mit Kurshöhepunkt in 2007. Auslöser für den Zusammenbruch des Marktes war der Ausfall von US-Immobilienkrediten (Sub-Prime-Krise)

Mini-Crash und kurze Erholung

Zwei Merkmale für die Zündung eines Zusammenbruchs lassen sich herausarbeiten. Zunächst lässt sich feststellen, dass ein großer Zusammenbruch meistens begleitet wird durch mehrere kleine Minizusammenbrüche. So ein Ereignis konnten wir auch beim DAX im Februar dieses Jahres sehen. Ausgelöst werden sie in der Regel durch unvorhersehbare politische oder wirtschaftliche Ereignisse. Der Markt braucht dann eine gewisse Zeit, um sich von dem Schock zu erholen. Aber dann geht es weiter wie gewohnt, und die Blase weitet sich erneut aus. Es kommt zu einer Erholung, die sogar bis zum alten Hoch führen kann. Danach geht es anschließend in die Tiefe und als Kursmuster bleibt ein Doppel-Top übrig (siehe im Chart das gestrichelte M).

Mini-Crash im Bitcoin-USD

Plötzliche Mini-Crashes gab es in jüngster Zeit auch beim Bitcoin. Das Währungspaar Bitcoin-USD erreichte ein Allzeithoch am 18.12.17 mit 19455 US-Dollar und knickte dann bis zum 06.02.18 mit dem Tief 5948 US-Dollar ein. Ein Doppel-Top blieb in diesem Fall sogar aus. Der Kurssturz könnte im Zusammenhang mit der Einführung der Bitcoin-Future am Terminmarkt stehen (Auslöser). In einem Terminmarkt lassen sich hohe Short-Positionen aufbauen. Es ist wahrscheinlich, dass institutionelle Marktteilnehmer gegen die übertrieben hohe Bewertung des Bitcoins spekuliert haben.

Spekulationen mit niedriger Volatilität

Im Aktienmarkt gab es in der jüngsten Vergangenheit eine Erschütterung mit Fonds, die sich mit inverser Volatilität beschäftigen (Auslöser). Sie spekulierten auf eine dauerhafte niedrige Volatilität der Aktien. Doch urplötzlich schoss die Volatilität in die Höhe. Infolgedessen verkauften die Fonds automatisch Aktien. Die Ursache für den Volatilitätssprung konnte bisher noch nicht sicher geklärt werden. Zurzeit untersucht die US-Börsenaufsicht den Fall, ob eine Manipulation dahintersteckte.

Zinsanhebung verändert die Finanzmärkte

Eine Tatsache lässt sich nicht leugnen: Die US-Notenbank Fed hat beschlossen, die Zinsen anzuheben. Nach vielen Jahren der extremen Niedrigzinsen nahe bei null, bringt dieser Schritt eine grundlegende Veränderung innerhalb der Finanzmärkte. Auf längere Sicht werden Umschichtungen der Geldvermögen passieren. Das Kapital wird dann teilweise aus den Aktienmärkten abgezogen, und in verzinsliche Wertpapiere investiert.

Teure Kredite bremsen Investitionen

Die Auswirkung auf eine Volkswirtschaft kommt dann mit Verzögerung. Jede Anhebung des Leitzinses verteuert neue Kredite. Unternehmen werden deshalb weniger Kredite aufnehmen. Jede neue Investition steht stärker auf dem Prüfstand. Aber auch bei den Privatleuten gibt es Veränderungen. So werden zum Beispiel Autos sehr oft mit Krediten oder anderen Finanzierungsmodellen bezahlt. Ist der Kreditzins höher, wird auch das Auto teurer. Man kann sich also leicht vorstellen, wie eine Volkswirtschaft durch die Erhöhung von Zinsen gebremst wird. Genau das möchte die US-Notenbank Fed erreichen, denn sie geht stark davon aus, dass die US-Wirtschaft in einem überhitzten Zustand ist.

Die Stimmung an den Aktienmärkten ist nun verändert

Der Anstieg der Volatilität an den Aktienmärkten (VIX) ist immer ein Zeichen dafür, dass sich die Marktstruktur verändert hat. Man kann sagen, dass die Volatilität ein Maßstab für die Standardabweichung der Aktienrendite ist. Der Anstieg des VIX um 9% bedeutet, dass der Aktienmarkt von einer täglichen höheren Schwankung um 0,6% ausgeht. In diesem Zusammenhang sollte uns die Erkenntnis haben, dass die Marktteilnehmer nach dem Anstieg der Volatilität, nicht mehr davon ausgehen, dass die Aktienmärkte dauerhaft nur ansteigen können.

Der Aktienmarkt justiert sich ein

Wenn Sie Technischer Analyst sind, dann wenn sie festgestellt haben, das in den vergangenen Jahren eine „überkaufte Marktsituation“ eine ziemlich geringe Gegenreaktion hervorrief. Während der Markt ständig überkauft war, gab es in Zeiten einer Gegenbewegung nur sehr selten den „überverkauften“ Zustand. War dann, im seltenen Fall, der Markt doch einmal überverkauft, so gab es einen massiven Kaufimpuls, der den Kurs dynamisch nach oben trieb. Dieses Handelsmuster wiederholte sich viele Jahre. Deshalb befinden wir uns im längsten Bullenmarkt der jüngsten Aktiengeschichte. Er läuft seit ungefähr zwölf Jahren. Es könnte sein, dass wir neuen Zeiten entgegen sehen.
 
Trading mit GDL